Sondersetting für Boris (12) kostet 85'000 Franken pro Monat
Wer bezahlt das eigentlich?

Der 12-jährige Boris kostet die Öffentlichkeit bis zu 85'000 Franken monatlich. BLICK-Recherchen zeigen: Keine Behörde weiss wirklich, aus welchem Topf das bezahlt wird. Aber der Reihe nach.
Publiziert: 26.04.2017 um 13:51 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:55 Uhr
Die Massnahmen im Fall «Boris» sind enorm. Aber wer soll das bezahlen?
Foto: ZVG
Cinzia Venafro

Im Kanton Zürich organisierte die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) von Affoltern am Albis die Unterbringung des verhaltensauffälligen Boris* in der Kinderpsychiatrie. «Gefährlich» sei das Kind, wurde beurteilt. Resultat: Ein Sicherheitsdienst wird organisiert. Und das kostet – zu Spitzenzeiten monatlich bis zu 85'000 Franken.

Die saftige Rechnung flatterte in den Briefkasten von Boris’ Wohngemeinde Wettswil am Albis. Dort sind Tatsiana Zahner und ihr Sohn gemeldet. Doch SVP-Gemeindepräsident Hanspeter Eichenberger sagt zu BLICK: «Die Gemeinde Wettswil hat bis heute null Franken ausgelegt.» Die Kesb habe «diesen sicher unerfreulichen Fall in den Händen». Sie treffe sämtliche Entscheide. Doch da es sich beim Buben um «einen Ausländer handelt, ist der Kanton Zürich zuständig.»

Rundlauf von Amt zu Amt 

So geht die Suche nach dem kantonalen Kässeli, aus dem die Rechnung der Kesb beglichen werden soll, los. Anruf bei der Sicherheitsdirektion von SP-Regierungsrat Mario Fehr.

Nein, da sei man nicht zuständig, sagt Sprecher Urs Grob. Sein Tipp: Die Direktion der Justiz und des Innern von SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr. Doch auch dort herrscht Unwissen: «Unsere Direktion hat mit dem Fall, den ich aber nicht genauer kenne, nichts zu tun», schreibt der Kommunikationsbeauftrage Benjamin Tommer.

Er betont: Die Kesb sei eine eigenständige, von der Gemeinde verantwortete Behörde. So könne sich die Direktion auch «nicht zu den Kosten äussern». Aber «wenn es zu einer Kostenübernahme durch den Kanton kommen sollte, was ich aber nicht bestätigen kann, dann wäre gemäss den Informationen, die ich den Medien entnehme, das Sozialamt zuständig.»

BLICK weiss: Auch das kantonale Zürcher Migrationsamt, das ebenfalls an Mario Fehrs Sicherheitsdirektion angegliedert ist, hat die Mutter von Boris Ende Januar kontaktiert. 

Hat also dort jemand Akteneinsicht? «Nein,» sagt Sprecher Marc Schmid. Das Amt hätte auch kein Konto, aus dem die Kesb-Rechnung bezahlt werden könnte, verrät er und verweist auf das Sozialamt.

Die Massnahmen der Kesb verursachen grosse Kosten. Dafür aufkommen will aber offenbar niemand.
Foto: Urs Flüeler

Das Sozialamt wiederum untersteht ebenso Mario Fehrs Sicherheitsdirektion. Also zurück zum Anfang. Diesmal direkt zu Amtvorsteher Ruedi Hofstetter. Muss sein Amt die Rechnungen begleichen? Er wisse überhaupt nichts über den Fall Boris, sagt Hofstetter erbost. Auch er habe keine Akteneinsicht. Und auch wenn er diese prallen Ordner würde öffnen wollen, dürfte er das nicht einmal. Damit beendet er das Gespräch abrupt. Um dann wohl sofort die Nummer von Urs Grob, Sprecher des Departements, zu wählen.

Denn kurze Zeit später klingelt das Telefon bei BLICK. Es sei wirklich sehr komplex, erklärt Grob. Er habe nun versucht, herauszufinden, wer denn jetzt für Boris überhaupt zuständig sei. «Sie wollen Antworten?», fragt Grob. «Das geht nur über die Kesb.» Und diese sei politisch Regierungsrätin Jacqueline Fehr und ihrem Justizdepartment unterstellt. Doch dort hatte man – ganz zu Anfang der Recherche – keine Ahnung.

* Name geändert

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