Beatrix Jud ist eine vielbeschäftigte Frau. Laut ihrer Homepage führt sie mehrere Treuhandfirmen, sie ist Präsidentin der Sozialhilfekonferenz des Bezirks Bülach und sie sitzt als Sozialvorsteherin im siebenköpfigen Stadtrat der 16'500-Einwohner-Gemeinde Opfikon im Zürcher Unterland. Eigentlich.
Allerdings ist Jud, seit sie im März 2012 einen Hirnschlag erlitten hatte, krankgeschrieben. Sie bezog vorübergehend Krankentagggeld einer privaten Versicherung und ist mittlerweile bei der IV als 100 Prozent arbeitsunfähig registriert. Das zeigen Unterlagen, die dem «Tages-Anzeiger» vorliegen.
46'300 Franken pro Jahr
Diese Tatsache hindert die parteilose Politikerin allerdings nicht daran, munter weiterzuregieren. Dem Bericht zufolge arbeitet sie nach wie vor mit einem Pensum von 30 bis 40 Prozent als Stadträtin, erhält eine Entschädigung von 46'300 Franken pro Jahr sowie mehrere Tausend Franken Sitzungsgelder.
Mit den Recherchen konfrontiert, stritt Jud zunächst offenbar ab, bei der IV registriert zu sein. Ihr Ehemann, der Baselbieter SVP-Politiker Paul Wenger, bestätigte dem «Tages-Anzeiger» dann aber, dass seine Frau sehr wohl Leistungen von der Invalidenversicherung beziehe.
Der Anspruch sei erfüllt und werde laufend überprüft, so Wenger. Die Rente stehe im Übrigen auch nicht im Widerspruch zu ihrem Mandat als Stadträtin, über das die Sozialversicherungsanstalt informiert sei. Und: «Ihre gesundheitlichen Defizite werden durch ein sehr gutes Team der Sozialabteilung ausgeglichen.»
Wohnt sie gar nicht in Opfikon?
Es ist nicht das erste Mal, dass Jud für Schlagzeilen sorgt. Im Jahr 2008 wechselte sie von der SP ans andere Ende des Parteienspektrums zur SVP. Im vergangenen Herbst dann wurde sie von der Volkspartei ausgeschlossen – warum genau, ist unklar.
Im vergangenen Jahr wurde zudem der Vorwurf laut, dass Jud gar nicht in Opfikon wohnt, wie es die Gemeindeordnung von allen Stadträten verlangt, sondern ihren Lebensmittelpunkt nach Reinach BL verlagert hat.
Jud hält dazu auf ihrer Homepage fest: «Für unbefangene Dritte weisen meine aktuellen Lebensumstände (...) klar darauf hin, dass ich den erkennbaren Lebens-, Familien- und Arbeitsmittelpunkt in Opfikon auch nach der Eheschliessung weitergeführt habe und weiterführe.»