Mobbing zwischen Elefanten-Familien
Zicken-Zoff im Züri-Zoo

Die einen pöbeln und schikanieren, die anderen können wegen dem Psycho-Terror nicht mehr schlafen. Jetzt leben die Familien getrennt.
Publiziert: 12.06.2016 um 11:32 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:26 Uhr
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Zicke 1: Farha machte ihre Mitbewohnerin in der Elefanten-WG fertig.
Foto: Daniel Kellenberger
Roland Gamp

Dickhäuter können ziemlich dünnhäutig sein: «Elefanten sind sehr sensibel und feinfühlig», sagt Robert Zingg (61), Kurator des Zoo Zürich. Seine Elefantendamen dürfen einander nicht mehr begegnen. Es gab Mobbing, Stress und Intrigen.

Der Knatsch begann 2013, als die Tiere noch in ihrem alten Gehege lebten. «Wenn wir sie für die Nacht hereinholen wollten, passten sie sich am Tor ab, rempelten sich absichtlich an», sagt Zingg.

Es entstand eine regelrechte Familienfehde. Auf der einen Seite Ceyla-Himali (41) mit Tochter Farha (11), auf der anderen Indi (30) und ihre Tochter Chandra (14). «Die jungen Tiere pöbelten jeweils die Mutter der anderen an», so Zingg. «Anfang 2014 wurden die Gerangel so heftig, dass es für die Pfleger nicht mehr sicher war.»

Bis zum Umzug in den neuen Elefantenpark Kaeng Krachan musste der Zoo die Tiere trennen. Dann wagte man einen neuen Versuch: Die vier Damen, Bulle Thai (12) und Baby Omysha (2) lebten ohne Abtrennung im Gehege. Wachposten beaufsichtigten sie, auch nachts.

Rund 3900 Quadratmeter Platz hatten die Tiere in ihrer neuen Umgebung. Genug, um einander aus dem Weg zu gehen. Doch das wollten die Töchter nicht. «Sie fingen wieder an, die Mutter der anderen zu bedrängen», sagt Zingg. Chandra etwa stand direkt neben Ceyla-Himali, begann zu schubsen und trieb die verängstigte Elefantenkuh in eine Ecke – weg von ihrer Tochter.

«Körperlich gefährlich waren diese Sticheleien nie», sagt Zingg. «Es war eher subtiler Psycho-Terror.» Ähnliche Spielchen trieb Farha mit Indi. «Sie war gestresst, ihre Drüsen im Gesicht liefen und sie machte stereotype Bewegungen», sagt Zingg. In der Nacht habe die Mutter kaum mehr geschlafen. «Sie wirkte am Tag müde und abgekämpft. Das wollten wir nicht mehr verantworten.»

Heute leben die schweren Damen wieder getrennt. Zeitlich versetzt dürfen sie einzelne Teile im Kaeng Krachan betreten – die Bullen leisten ihnen abwechselnd Gesellschaft. An manchen Orten haben die Gruppen immer noch Kontakt.

Ergebnis: Über eine Mauer hinweg tauschen sie mit dem Rüssel weiterhin «Hänseleien» aus, wie es Kurator Zingg nennt. Ansonsten ist der Knatsch vorbei, die beiden Mütter sind wieder entspannt. In einem halben Jahr erwartet Farha ihr erstes Baby. Sie wird es wohl nicht in der gesamten Herde aufziehen. «Die Tiere bleiben vorerst getrennt», sagt Zingg.

Dass es gemeinsam nicht geht, sei für die Zoo-Besucher schade. «Aber am wichtigsten ist uns, dass die Tiere nicht gestresst sind.» Stundenlang hat der Kurator die Pöbeleien beobachtet. «Ich habe mich oft gefragt, warum sie sich so hinterhältig fertigmachen.» Doch durch die dicke, dünne Haut der Elefanten konnte auch er nicht schauen.

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