Die Storen sind heruntergelassen. Auf der Klingel steht immer noch der Name von Iris J.* († 88). In der Nacht auf den 10. November wurde sie in ihrer Zweizimmerwohnung im Altersheim Hochweid in Kilchberg ZH ermordet und ausgeraubt. Das teilte die Staatsanwaltschaft gestern mit. Eine der beiden mutmasslichen Täterinnen ist eine Frau, die sich um Iris J. hätte kümmern sollen: eine Nachtschwester des Altersheims!
Tochter Marina J.* (68) findet ihre Mutter morgens in der Wohnung und schlägt Alarm. «Es war schlimm», sagt sie zu BLICK. «Die ganzen letzten Wochen waren schrecklich für die Familie.» Laut Staatsanwaltschaft soll Folgendes geschehen sein: Die aus Kroatien stammende, etwa 30 Jahre alte Nachtschwester mit Schweizer Pass und eine Komplizin verschaffen sich mit einem Passepartout Zugang zur Wohnung. Die ausgebildete Pflegerin war in der Tatnacht laut Heimleiterin Zita Ochsner krankgeschrieben. Die Täterinnen haben es auf die Wertsachen der Rentnerin abgesehen.
Gemäss Staatsanwalt Matthias Stammbach sollen sie mit körperlicher Gewalt derart auf die betagte Frau eingewirkt haben, dass sie daran stirbt.
Die Heimleitung geht zunächst von einem normalen Todesfall aus. Erst Anfang Woche erfährt sie von der Polizeiuntersuchung. Ein Zufallsfund hatte sie ins Rollen gebracht: Einen Tag nach der Tat will ein Kroate mit gestohlenen Objekten nach Deutschland ausreisen – und wird erwischt. BLICK weiss: Einige der Gegenstände lassen direkte Rückschlüsse auf die tote Heimbewohnerin zu.
Der Kroate ist ein Bekanter der Nachtschwester. Gegen ihn eröffnet die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Hehlerei, gegen die beiden Frauen eines wegen vorsätzlicher Tötung und Raub. Alle drei sitzen in Untersuchungshaft. In Bezug auf den Raub sind die Frauen teilgeständig. Beide sind wegen geringfügiger Taten vorbestraft.
Bei den Mitbewohnern beliebt
Wie Iris J. starb, verschweigt der Staatsanwalt. «Das Obduktionsgutachten steht noch aus.» Die Nachtschwester arbeitete seit Anfang 2013 in der Hochweid. Sie wurde über eine Stellenvermittlungsagentur rekrutiert. Laut Heimleitung gab es keine Hinweise auf zweifelhaftes Verhalten. Aber: Seit ihrem Stellenantritt kam es gehäuft zu Diebstählen.
Der Stiftungsratspräsident des Altersheims, Hans Ulrich Meier, ist fassungslos: «Das ist der Super-GAU, wenn eine Mitarbeiterin als Täterin inhaftiert wird.»
Spionierte die Nachtschwester die vermögende Iris J. schon länger aus? Seit 14 Jahren lebte die Rentnerin im Heim. Laut Steuerausweis 2012 besass sie über 300 000 Franken Vermögen.
«Der Fall ist für alle ein grosser Schock», sagt Jean-Marc Groh (60), Gemeindepräsident von Kilchberg. Er nimmt die Heimleitung in Schutz, sie arbeite professionell und werde von den Bewohnern geschätzt.
Bei ihren Mitbewohnern war die religiöse Iris J. beliebt. Einer sagt: «Sie war eine gebildete Frau und hervorragende Klavierspielerin.» Einige musten weinen, als sie erfuhren, wie Iris J. sterben musste. Der Schock sitzt tief.