Rojdie Saidi (22) steht am Hafen von Tunis, schaut sehnsüchtig aufs Meer. Hier nahm seine abenteuerliche Reise vor eineinhalb Jahren ihren Anfang.
Der Tunesier zwängte sich im Februar 2011 in den Radkasten des FCZ-Cars. Mit angezogenen Knien harrte der 1,80 Meter grosse Mann 30 Stunden im Versteck aus. So lange dauerte die Rückfahrt des Busses aus dem Trainingslager nach Zürich (BLICK berichtete). «Ich hatte während der Reise Todesangst», sagt Saidi. «Ich musste alles risikieren. Die Lage in Tunesien war schrecklich.»
Von einem Asylheim ins nächste geschoben
Doch in der Schweiz zerschlägt sich Saidis Asyltraum schnell. Mit ihm wollen Tausende Tunesier ein Bleiberecht. «Es war hart. Ich wurde von einem Asylheim ins nächste geschoben. Fünf Monate durfte ich in die Deutsch-Schule. Ich lernte täglich stundenlang Wörter. Meine Freundin, eine Krankenschwester, kaufte zusätzliche Bücher und half mir beim Lernen.»
Im Juli 2011 lehnen die Behörden seinen Asylantrag ab. Bis Oktober hätte der Tunesier die Schweiz verlassen müssen.
«Ich wusste, dass ich nur zwei Möglicheiten hatte: heiraten oder einen festen Job. Doch für meine Freundin kam Heiraten nicht in Frage. Sie war bereits verheiratet und Mutter von drei Kindern», sagt Saidi. «Ich habe vier weitere Frauen kennengelernt. Doch keine wollte mich zum Mann. Alle glaubten, ich würde sie nicht aus Liebe wollen.»
Also setzt er auf die Arbeit: «Im Sommer durfte ich drei Monate bei der Zürcher Veloverleihstation aushelfen.» Danach jobbt er bei einem Zügelunternehmen. Saidi: «Da habe ich schwarz gearbeitet. Die 140 Franken, die ich am Tag verdient habe, wollte ich meiner Familie schicken. Das Geld vom Amt – 189 Franken alle zwei Wochen – habe ich für mich selber gebraucht.»
Dann steht sein Ausreisedatum an: «Ich habe Angst bekommen und bin untergetaucht.» Bis im Juni dieses Sommers dauert das Versteckspiel. Dann schnappt ihn die Polizei, steckt ihn ins Flughafengefängnis Zürich.
«Wenn ich keine Arbeit finde, werde ich erneut flüchten»
Wochenlang muss Saidi dort auf seine Ausschaffung warten. «Am 9. August haben mich zwei Polizisten zum Flugzeug gebracht. Mit einem Linienflug der Swiss wurde ich erst nach Frankfurt geflogen. Von da ging es mit der Lufthansa nach Tunis weiter.» Auf beiden Flügen wird Saidi von Polizisten begleitet. «Aber Handschellen musste ich keine tragen», so Saidi. «Das wars dann. Alles, was ich bekommen habe, war ein Couvert mit 400 Euro und 120 Franken.»
Jetzt ist das Geld weg, Arbeit hat Saidi auch nicht. Er will zurück in die Schweiz. «Ich weiss, es klingt unbegreiflich, doch wenn ich keine Arbeit finde, werde ich erneut flüchten – zur Not in einem Radkasten.»