Es sieht aus wie auf einem Schlachtfeld: Tische sind umgeworfen, Garderobenschränke gekippt, Türen zugeklebt, Abfalleimer ausgeleert, Mobiliar zerstört. Auf dem Boden liegen Hunderte von Blättern Papier. Letzte Nacht ist jemand in die Kanti Zürich Nord eingedrungen und hat Teile des Gebäudes regelrecht verwüstet. «Wir haben die Schüler am Morgen gleich wieder nach Hause geschickt», sagt Zürich-Nord-Rektor Felix Angst. «Es sah so übel aus, dass an einen geregelten Unterricht nicht zu denken war.» Alle 1850 Schüler der Kanti in Oerlikon haben heute frei.
Wer hat im Schulhaus randaliert? Unter den Schülern spreche man von einem «Maturastreich», sagt Kanti-Nord-Schülerin Laura Stucki (17) zu Blick.ch. «Wir haben Girlanden gefunden, die aus alten Prüfungen gebastelt waren. Wer sonst ausser den Maturanden würde die haben?», sagt Rektor Angst heute früh.
Die Schule hat Anzeige erstattet
Heute morgen hat die Schule Anzeige gegen Unbekannt erstattet. «Wenn wir herausfinden, wer das war, müssen die Täter den Sachschaden begleichen. Und der ist hoch.»
Am Nachmittag kommt dann Licht ins Dunkel: 60 Maturanden bitten die Schulleitung um ein Gespräch – ein Drittel des Maturjahrgangs. Sie geben zu, in der letzten Nacht ins Gebäude eingestiegen zu sein und an den Verwüstungen beteiligt gewesen zu sein. Tatsächlich hätten sie einen Maturastreich spielen wollen, irgendwann sei die Sache aber eskaliert. «Sie konnten uns nicht erklären, wie es so weit kommen konnte», sagt Angst.
Von einem harmlosen Spass will der Rektor nichts wissen. «Mit einem Streich hat das gar nichts mehr zu tun», sagt er. «Das ist Vandalismus.» Er sei fassungslos. «Ein Streich hat etwas Kreatives, Unerwartetes, Spielerisches. Das hier ist eine ganz andere Kategorie. Hier ging es auch darum, Dinge kaputtzumachen», sagt er.
Rektor: «Ich bin persönlich enttäuscht»
Dass die Maturanden an ihrem letzten Schultag über die Stränge schlagen, hat auch in Oerlikon Tradition. «Dass die Gymnasiasten an einem Tag im Jahr den Schulbetrieb lahmlegen, das kennen wir», sagt Angst. «Das ist nicht immer sonderlich kreativ, aber damit können wir leben. Verwüstungen in diesem Ausmass haben wir aber noch nie erlebt», sagt Angst. «Das ist völlig neu.»
Kommt hinzu, dass die Abgänger ihren Maturastreich eigentlich schon hinter sich haben. «Ich bin persönlich enttäuscht. Ende Mai sind wir den Maturanden noch entgegengekommen, als wir beim traditionellen Schulabschluss dafür gesorgt haben, dass wir mehr Stunden ausfallen lassen können als üblich», sagt Rektor Angst. Am letzten Schultag fallen üblicherweise zwei Stunden Unterricht aus, die Maturanden verkleiden sich, es wird mit Konfetti geworfen und mit Wasser gespritzt, dazu «The Final Countdown» gespielt.
Die Schüler haben frei: «Wir gehen in die Badi»
Der Vandalenakt kommt aber auch aus anderem Grund unerwartet. Die Maturanden stehen im Moment zwischen schriftlicher und mündlicher Matur. «Ich finde den Zeitpunkt ziemlich seltsam», sagt Angst. «Nächste Woche legen sie ihre letzten Prüfungen ab.» Auf die Maturchancen der Schüler wird die Aktion jedoch keine Auswirkungen haben. «Wir können Leistung und Verhalten nicht vermischen.»
Disziplinarische Massnahmen hätten die Maturanden ohnehin nicht zu befürchten. «Die hatten ihren letzten Schultag schon, sie sind keine regulären Schüler mehr.»
Für die mehr als 1800 Schüler der Kanti Zürich Nord hat die Aktion der Vandalen auch eine positive Seite: Sie haben den ganzen Tag frei – bei perfektem Sommerwetter. «Wir gehen in die Badi», sagt die 17-jährige Laura zu Blick.ch.
Morgen ist an der Schule wieder normaler Unterricht. «Die Sache ist damit aber noch nicht abgeschlossen», sagt Rektor Angst. «Das wird ein Nachspiel haben.» Wer die Rädelsführer waren, ist noch unklar. Ebenfalls noch nicht sicher ist, ob Jugendliche, die nicht zum Maturajahrgang gehören, an den Verwüstungen beteiligt waren.