Die junge Frau ist auf dem Heimweg von der Arbeit, als sie am 21. Juli 2015 ein Unbekannter in Emmen LU vom Velo reisst. Der Mann missbraucht die damals 26-jährige, die dabei so schwer verletzt wird, dass sie querschnittgelähmt ist.
Trotz gigantischen Anstrengungen der Ermittler konnte der Täter bis heute nicht gefasst werden. Auch ein Massen-DNA-Test bei 372 Männern brachte kein Erfolg. Mit einer vertieften Analyse der DNA wäre es möglich, auf Merkmale wie Haar- und Augenfarbe oder Herkunft eines Täters zu schliessen – doch das verbietet das Gesetz.
Das soll sich ändern, fordert die Familie des Opfers, die sich erstmals öffentlich zum Fall äussert. Die Mutter sagt in der «Rundschau» auf SRF: «Es löst grosses Unverständnis aus, wenn man als Betroffene weiss, dass man die DNA des Täters hat, diese aber nicht verwenden darf, um den Täter zu finden.» R.S., die Schwester des Opfers, sagt: «Es muss ein Umdenken geben in der Politik.»
Noch immer leidet die Familie. «Die Tat war schrecklich», sagt die Mutter, deren Tochter Tetraplegikerin ist. «Die Nervenbahnen sind für den Rest ihres Lebens zerstört», sagt sie.
Unterstützung aus der Politik
Das Opfer arbeitete bei der Stiftung für Schwerbehinderte Luzern. Aus Bestürzung über das Verbrechen an seiner Mitarbeiterin verlangte Stiftungsrat und Nationalrat Albert Vitali in einer Motion eine änderung des DNA-Profilgesetzes. Er fordert, dass die Fahnder bei schweren Gewaltverbrechen aus einer sichergestellten DNA-Spur äusserliche Erkennungsmerkmale verwenden dürfen.
Auch der Strafrechtsprofessor und Zürcher Ständerat Daniel Jositsch sieht dringenden Handlungsbedarf in der schweizerischen Gesetzgebung: «Die Strafverfolgungsbehörden sollen alle technischen Möglichkeiten zur Verfügung haben, die denkbar sind», sagt Jositsch in der «Rundschau».
Kritiker befürchten, dass eine Gesetzesänderung dem Missbrauch Tür und Tor öffnet. So könnten Strafbehörden DNA-Datenbanken anlegen. Oder anfangen, vertiefte DNA-Analysen nicht nur für schwere Verbrechen, sondern auch bei Bagatell-Delikten einzusetzen. Der interimistische Datenschutzbeauftragte des Bundes, Jean-Philipp Walter, warnt: «Man muss im Gesetz klar definieren, in welchem Fall solche Analysen durchgeführt werden dürfen.» (rey)