Gestern Abend sind in Granges-près-Marnand (VD) zwei Regionalzüge frontal zusammengestossen. Retter konnten einen der Lokführer (24) nur noch tot bergen, wie die Kantonspolizei Waadt heute am frühen Morgen mitteilt. Er war während Stunden im Wrack eingeklemmt.
34 Menschen wurden verletzt. 25 von ihnen mussten in Spitäler gebracht werden. Laut neusten Informationen der Polizei befindet sich kein Verletzter in Lebensgefahr.
Bestürzung bei der SBB
Die SBB ist bestürzt über den tragischen Unfall: «Die Konzernleitung und die Mitarbeitenden der SBB sind erschüttert über den Tod ihres Kollegen und bedauern, dass auch Reisende beim Unfall verletzt wurden», heisst es in einer Mitteilung von heute Morgen. Die SBB spricht der Familie des Opfers ihr Beileid aus.
Auch der Verband der Schweizer Lokomotivführer und Anwärter VSLF zeigt sich schockiert: «Unfälle mit Verletzten sind für jeden Eisenbahner tragisch», sagt Präsident Hubert Giger. «Wenn dabei noch ein Arbeitskollege sein Leben verliert, überschreitet dies unsere Vorstellungskraft.»
Schwierige Bergungsarbeiten
Die Bergungsarbeiten gestalteten sich schwierig. Ein 200-Tonnen-Kran und anderes schweres Rettungsgerät standen während der Nacht im Einsatz, um die in Züge zu trennen. Dutzende Helfer beteiligten sich bis am frühen Morgen im Scheinwerferlicht an den Bergungsarbeiten. Gegen 1.30 Uhr gelang es der Feuerwehr, die beiden Züge zu trennen.
Kollision in der Nähe des Bahnhofs
Zur Kollision war es gekommen, als ein Zug den Bahnhof verlassen wollte, während der andere gerade heranfuhr, wie Pierre-Olivier Gaudard, Mediensprecher der Kantonspolizei Waadt sagt. Einer der Züge war von Lausanne Richtung Payerne VD unterwegs, der andere fuhr die gleiche Strecke in der Gegenrichtung.
Einer der Züge sei zu früh losgefahren, sagt SBB-Chef Andreas Meyer bereits gestern Abend. Weshalb, sei noch unklar.
Staatsanwalt eröffnet Strafuntersuchung
Die Signalisation auf der eingleisigen Broye-Strecke ist sehr alt und nicht automatisiert. Eine Zugsicherung wie auf modernisierten Strecken existiert nicht, der Fahrdienstleiter stellt das Signal.
Laut Heinz Moser von der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle (Sust) ist die Frage der Signalisierung zentral, wie er gegenüber Blick.ch erklärt: Die S21 von Payerne nach Lausanne hätte gestern Abend den Regio-Express in der Gegenrichtung abwarten müssen, fuhr jedoch zu früh los.
Ob das Signal falsch gestellt war oder ob es der S-Bahn-Lokführer (54) missachtete, soll nun die Untersuchung der Sust klären.
Die Polizei zieht in Betracht, dass der 54-Jährige das Rotlicht überfahren haben könnte. Der Mann wurde bereits befragt. Die Staatsanwaltschaft hat eine Strafuntersuchung eröffnet.
Zug acht Meter zusammengedrückt
Der verstorbene Lokführer befand sich im Regio-Express. Der S-Bahn-Lokführer konnte gerade noch rechtzeitig abspringen, nachdem er die Notbremse gezogen hatte. Die beiden Züge verkeilten sich beim Aufprall ineinander, aber kein Waggon entgleiste.
Der Regio-Express wurde durch den heftigen Aufprall zusammengedrückt und um acht Meter verkürzt. Man könne derzeit nicht ausschliessen, dass sich noch ein Passagier darin befinde. Der Wagen wird nun ins SBB-Werk in Yverdon gebracht und auseinander genommen, um Klarheit zu schaffen.
«Ich sah Blut und viele Verletzte»
«Wir haben einen schrecklichen Lärm gehört», sagen Anwohner.
«Ich hörte die beiden Züge laut hupen», sagt ein Augenzeuge zu «lematin.ch». «Dann sah ich Blut.» Drei Verletzte und weitere Passagiere seien aus eigener Kraft aus den Zügen gestiegen. «Als die Ambulanz da war, half ich zwei Leuten aus den Waggons.»
Ein Passagier erzählt vom Schrecken, als der Crash passierte: «Ich wurde heftig gegen den Vordersitz geschleudert. Die Leute fingen an zu weinen. Ich sah Blut und viele Verletzte.»
Ein 28-jähriger Mann war in seinem Auto mit seiner Frau und seiner drei Monate alten Tochter über den Bahnübergang nahe des Unfallorts gefahren. Als seine Frau sah, wie die Züge ineinander krachten, lenkte er sein Auto zur Unglücksstelle.
«Die Türen waren schon geöffnet, verletzte Menschen versuchten auszusteigen. Ich habe einer Grossmutter und ihren beiden Enkeln geholfen», sagt er zu «lematin.ch». «Dann ging ich zur Tür des Lokführers, um sie zu öffnen, aber sie war total eingedrückt. Ich habe alles versucht, um den Lokführer zu retten, aber da war einfach zu viel Blut.»
Hotline für Angehörige
Stunden nach dem Unglück richtete die SBB eine Hotline für Angehörige ein. Sie können unter der Nummer 0800 722 233 Informationen einholen. (SDA/snx/rgj/noo)
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