Stammgast ringt mit dem Tod
Natronlauge statt Féchy

Ein Fehler mit gravierenden Folgen: Eine Serviertochter schenkte einem Stammgast in Flamatt FR Putzmittel statt Weisswein ein. Der Wirt ist untröstlich.
Publiziert: 03.06.2011 um 15:22 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 04:33 Uhr
Von Mario Gertschen, Atossa Hadjigoi, Sandro Inguscio

Patrik Jung (46) bangt um das Leben seines treuesten Stammgasts Josef (89). «Ich wirte seit 17 Jahren hier, und er kam von Anfang an bei mir vorbei», sagt der Wirt des Tele in Flamatt FR.

«Alle kennen ihn. Pünktlich zwischen 16.45 und 16.50 Uhr schaut er täglich vorbei. Er hat seinen Stammplatz, die anderen Gäste halten den für ihn frei», sagt der Beizer. «Josef trinkt sein Einerli Féchy, wenn er gut gelaunt ist noch einen Kaffee. Dann geht er weiter.»

Schafft es der pensionierte Briefträger einmal nicht ins Tele, machen sich die Gäste Sorgen. Allen voran Wirt Jung. Und jetzt fehlt Josef schon seit Dienstag! Die treue Seele des Tele liegt im Berner Inselspital. Er hat sich vergiftet. Seinen Hals verätzt. Ausgerechnet in der Beiz wurde Josef verletzt.

«Ich mache mir Vorwürfe», sagt Wirt Jung. «So etwas Dummes darf eigentlich nicht passieren. Was für eine blöde Verkettung von Zufällen.»

Dienstags reinigt Jung jeweils die Rotweinkaraffen von Hand. Auch diese Woche. «Ich ging in den Keller, zapfte eineinhalb Deziliter ‹RV 481› in eine leere Féchy-Flasche ab und verdünnte es.»

Das alkalische Reinigungsmittel mit dem kryptischen Namen wird in der Gastronomie oft gebraucht. Es enthält unter anderem ätzende Natronlauge!

Diesen Dienstag wird Jung beim Abwaschen unterbrochen, muss fort – und lässt die Weissweinflasche auf dem Buffet stehen. Gleich über der Weinschublade. Eine Serviertochter verstaut die Féchy-Flasche mit dem ätzenden Inhalt darin.

Schichtwechsel. Als Josef ins Lokal kommt, nimmt die nächste Serviertochter die Flasche aus der Schublade.

«Sie plauderte mit Josef. Er merkte erst gar nicht, dass er keinen Weisswein im Glas hatte», sagt Jung. «Als er merkte, dass der Geschmack nicht stimmte, hatte er schon etwas Reinigungsmittel runtergeschluckt.» Und verätzt sich dabei schwer. Josefs Sohn fährt ihn schliesslich ins Inselspital. Gegen Jung läuft jetzt eine Untersuchung wegen fahrlässiger, schwerer Körperverletzung.

«Es tut mir leid», sagt der Wirt. Ihm kommen die Tränen. «Am allerschönsten wäre es, wenn Josef wieder gesund würde. Und sein Einerli Féchy wieder bei mir trinkt.»

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