Asylbewerber packt aus
«Viele kommen nur zum Stehlen in die Schweiz»

Kacem El Ghazzali wurde in Marokko verfolgt, weil er dem Islam kritisch gegenüber steht. Doch viele seiner Landsleute würden nur zum Dealen und Stehlen Asyl beantragen, sagt er.
Publiziert: 19.05.2013 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 02:23 Uhr
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Kacem El Ghazzali hofft auf einen positiven Asylentscheid.
Foto: Marcel Sauder
Von Nico Menzato

Politiker basteln seit Jahren am Asylrecht herum. Versuchen, die Schweiz für Asylbewerber unattraktiv zu machen – und die Verfahren zu beschleunigen.

In drei Wochen findet der nächste Versuch in diese Richtung statt. Das Volk soll an der Urne dringende Massnahmen absegnen, die das Parlament letzten Herbst beschlossen hatte.

Doch wie treffen Verschärfungen die Asylbewerber? Wie leben sie – und was sagen sie über Landsleute? SonntagsBlick hat einen Marokkaner getroffen, der seit über zwei Jahren auf einen Asyl-Entscheid wartet. In einem kleinen Dorf im Thurgau. Sein Name: Kacem El Ghazzali. 23 Jahre alt ist er.

«Botschaftsasyl rettete mein Leben»

Im März 2011 quartierten ihn die Schweizer Behörden im Empfangszentrum Vallorbe VD ein. Was er da erlebte, sei die Hölle gewesen. Ethnische Konflikte arteten in Prügeleien aus. «Nordafrikaner machten die Schwarzafrikaner für den Gestank in der Unterkunft verantwortlich», schreibt El Ghazzali etwa. Weil sie keine Muslime seien und sich nie waschen würden.

Der junge Marokkaner litt, konnte kaum schlafen. Ein Algerier, der über ihm schlief, habe nächtelang Pornos auf seinem iPod geschaut und onaniert, heisst es im Buch.

Dabei hoffte er auf ein besseres Leben; eben erst war er einer anderen Hölle entflohen.

El Ghazzali sollte Imam werden. So war es vorgesehen. Weil er aber an keinen Gott glaubt, schrieb El Ghazzali – statt im Koran zu lesen – im Internet gegen den «intoleranten, fanatischen und menschenverachtenden Islam» an. Anonym. Doch er wurde enttarnt. Beschimpft, verfolgt, geschlagen und mit dem Tod bedroht. 

Monatelang war El Ghazzali auf der Flucht; bis er die Schweizer Botschaft in Rabat aufsuchte. Bern entschied, dass er via Touristenvisum einreisen dürfe.

«Das Botschaftsasyl war für mich die einzige Möglichkeit, aus Marokko zu fliehen», sagt El Ghazzali rückblickend. Es sei ein Fehler der Schweiz, diese Möglichkeit nun abschaffen zu wollen. «Das Botschaftsasyl rettete mein Leben!»

«Schweizer Politiker sind naiv»

Hingegen findet El Ghazzali eine weitere Anpassung, über die das Volk in drei Wochen abstimmen wird, überfällig. «Die Schweiz soll kriminelle Asylbewerber in Spezialzentren einsperren!»

Die Mehrheit der Asylbewerber aus Nordafrika sei kriminell. Mehr sogar: Sie kämen nicht mit der Absicht in die Schweiz, Asyl zu bekommen – sondern, um hier zu stehlen und zu dealen, sagt der Marokkaner. Dass sie arm seien, sei dafür keine Rechtfertigung.

El Ghazzalis Erfahrungen aus Vallorbe und aus dem Thurgau, wo er später untergebracht wurde, haben es in sich. «Zwei Nordafrikaner verübten jede Nacht Einbrüche. Jede Nacht», sagt er. «Lachten über die dummen Schweizer, die ihr Portemonnaie, Handy oder ihren Laptop im Auto liegen liessen.»

Die Beute würden sie an Landsleute verkaufen, die eine Aufenthaltsbewilligung hätten. Und sie würden weitere Landsleute ins «Paradies Schweiz» locken: «Es ist so einfach hier», lachten sie am Telefon. In den Shops gebe es nur Kameras, kein Sicherheitspersonal. «Man kann hier gutes Geld machen.»

Wurde jemand erwischt, war er schnell wieder frei – und alles ging von vorne los, erzählt El Ghazzali. «Schweizer Politiker sind naiv.» Sie würden Asylbewerber als homogene Gruppe betrachten.

Die Rechte meine, alle seien kriminell. Die Linke sage, alle Asylbewerber seien arme, verfolgte und traumatisierte Wesen. Beides stimme nicht. Die Schweiz müsse zudem ihre Werte durchsetzen. «Sie darf nicht tolerant gegenüber Intoleranz sein!»

Warten auf den Entscheid

El Ghazzali wartet noch immer auf seinen Asylentscheid. Wie weitere 19000 Personen, deren Gesuch hängig ist. «Das geht zu lange. Die Ungewissheit zerrt an einem», sagt er.

Doch El Ghazzali hofft. Und ist derzeit ganz glücklich. Er wohnt im Thurgau in einem kleinen Zimmer samt Küche. Bekommt von der Gemeinde 100 Franken pro Woche. «Superluxus im Vergleich zu den Zeiten in den Asylheimen», sagt er und lächelt.

Seit kurzem hat er eine Freundin. Eine Schweizerin. Will er sie heiraten, um definitiv in der Schweiz bleiben zu können? «Ich bin Aktivist und werde verfolgt», sagt er mit nun wieder finsterer Miene. «Ich glaube an den Rechtsstaat Schweiz. Glaube, dass ich Anrecht auf Asyl habe.»

An die Institution der Ehe hingegen glaube er nicht. «Die ewige Liebe ist wohl eine Illusion.»

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