Kern der Vorlage sind neue Pflichten für ledige Väter: Kinder von nicht verheirateten Paaren sollen beim Unterhalt dieselben Rechte haben wie Kinder von Ehepaaren. Der Bundesrat will im Gesetz verankern, dass jeder Elternteil «nach seinen Kräften» für den gebührenden Unterhalt des Kindes sorgt.
Die kleine Kammer folgte mit kleinen Retuschen weitgehend dem Nationalrat. Sie nahm jedoch einen neuen Aspekt in die Vorlage auf: Vernachlässigt jemand seine Unterhaltspflichten und lässt sich sein Vorsorgeguthaben auszahlen, sollen die Inkassobehörden rechtzeitig darauf zurückgreifen können. Dies hatte auch der Bundesrat vorgeschlagen, jedoch in einer separaten Vorlage.
Heute gelingt es Inkassobehörden oft nicht, Gelder zugunsten von (Ex-)Ehegattinnen, Ehegatten oder Kindern rechtzeitig zu sichern, wenn Alimentenschuldner sich Vorsorgeguthaben ihrer Pensionskasse in Kapitalform ausbezahlen lassen. Oft erfahren sie zu spät von der Auszahlung, so dass die Unterhaltspflichtigen den Betrag beiseiteschaffen können.
Künftig sollen daher die Inkassobehörden den Pensionskassen und Freizügigkeitseinrichtungen jene Personen melden, die ihre Unterhaltspflicht vernachlässigen. Die Pensionskassen und Freizügigkeitseinrichtungen werden ihrerseits verpflichtet, die Behörden zu informieren, wenn Vorsorgekapital der gemeldeten Versicherten ausbezahlt werden soll.
Justizministerin Simonetta Sommaruga sprach sich für diese Ergänzung der Vorlage aus, auch wenn sie nur auf die zweite Säule ziele, also nur Angestellte erfasse, nicht aber Selbständige. Auch die dritte Säule einzubeziehen, wäre aber zu aufwendig.
Der Ständerat hat im Weiteren die Vorlage zum Kindesunterhalt um die Möglichkeit der alternierenden Obhut ergänzt, falls eine solche dem Gericht sinnvoll erscheint. Sommaruga begrüsste die Ergänzung; damit sei nicht unbedingt eine Halbe-halbe-Aufteilung gemeint. Claude Janiak (SP/BL) wies darauf hin, dass möglicherweise später auch das Scheidungsrecht deswegen zu aktualisieren sein werde.
Verzichtet hat der Ständerat hingegen auf die Festlegung eines Mindestunterhalts. Ein solcher, der dann auch zu bevorschussen wäre, wäre unfair gegenüber armen Familien, die sich ohne Staatshilfe solidarisch durchschlagen, sagte Rechtskommissionssprecher Stefan Engler (CVP/GR).
Heute hat fast jedes fünfte Kind unverheiratete Eltern. Ledige Mütter müssen für ihren eigenen Unterhalt selber aufkommen, während geschiedene Mütter Unterhaltszahlungen des Vaters erhalten. Für die Kinder lediger Mütter kann dies zum Beispiel bedeuten, dass sie nach der Trennung fremd betreut werden, weil die Mutter Geld verdienen muss.
Mit der Revision sollen neu beim Unterhalt die Kosten für die Betreuung berücksichtigt werden. Es handelt sich um eine Art Erwerbsausfallentschädigung für jenen Elternteil, welcher das Kind mehrheitlich betreut.
Auch der unverheiratete Vater muss die Mutter des Kindes finanziell unterstützen - oder die unverheiratete Mutter den Vater, wenn dieser das Kind betreut. Der Betreuungsunterhalt kommt zum finanziellen Unterhalt für das Kind hinzu.
Der Ständerat beschloss die Revision am Ende mit 43 Stimmen und ohne Gegenstimme. Wegen der Differenz zur Fassung, die der Nationalrat beschlossen hatte, muss dieser die Vorlage nun nochmals beraten. Der Nationalrat hatte die Vorlage als Erstrat ohne wesentliche Änderungen mit 124 gegen 53 Stimmen angenommen.
Die Neuregelung des Unterhaltsrechts ist der zweite Teil einer Zivilgesetzbuch-Revision, mit der die elterliche Verantwortung neu geregelt und das Kindeswohl ins Zentrum gestellt werden soll. Ziel ist es, dass dem Kind keinerlei Nachteile aus dem Zivilstand der Eltern erwächst. Als ersten Teil hatte das Parlament 2013 die gemeinsame elterliche Sorge beschlossen, die unabhängig vom Zivilstand zur Regel wird.
Bei der Beratung der Vorlage zum Kindesunterhalt hielten im Übrigen Rechte wie Linke fest, dass darin die Frage einer Mankoteilung nicht enthalten ist, weil die Sozialhilfe in die Kantonskompetenz fällt. Kann ein unterhaltspflichtiger Elternteil seinen Pflichten nicht nachkommen, würde mit der Mankoteilung jener Betrag, der dem betreuenden Elternteil fehlt, unter den Eltern aufgeteilt.
Heute gewährleistet das Gesetz dem unterhaltspflichtigen Elternteil das Existenzminimum. Der andere Elternteil - in der Regel die Frauen - muss das Defizit tragen und bei Bedarf Sozialhilfe beantragen.
Dennoch hat der Ständerat nach der Gesetzesrevision separat eine Motion der nationalrätlichen Rechtskommission mit 19 gegen 22 Stimmen abgelehnt, die in der Bundesverfassung eine Grundlage forderte, um die Mankoteilung im Unterhaltsrecht landesweit gesetzlich zu regeln.
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