Krach im Tessin
«Unerträglich, dieser Lärm!»

In Ascona werden rauschende Feste gefeiert. Das Rauschen schallt über den See. Die Bewohner am anderen Ufer haben die Schnauze voll.
Publiziert: 19.08.2013 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 14.10.2018 um 02:07 Uhr
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Ich wohne in Gerra, direkt am See. Wenn ich abends ins Bett gehe und die Augen schliessen will, geht es los. Bum-bum-bum. Die Basstöne rauben einem den letzten Nerv.» Maya Hany (61)
Foto: Remy Steinegger
Von Myrte Müller

Wenn nachts in den schicken Lounges am Lido von Ascona TI der Bär tanzt, brummt der Schädel der Nachbarn – und zwar jener, die auf der anderen Seite des Lago Maggiore wohnen.

Die Grossgemeinde Gerra Gambarogno TI liegt drei Kilometer von Ascona entfernt am anderen Ufer. Trotzdem: «Der Lärm ist unerträglich», schimpft Markus Hofstetter (63). Der Ex-Unternehmer wohnt direkt am See. «Die Musik aus der Lido Bar und der Delta Beach Lounge wird ohne Schallwiderstand übers Wasser getragen. Es ist so laut, dass wir selbst bei geschlossenem Fenster und Klimaanlage nicht schlafen können.»

Man wolle ja nicht mit Kanonen auf Spatzen schiessen, sagt Hofstetter, aber er fordert: «Runter mit der Lautstärke! Es kann nicht sein, dass ein paar Knalltüten eine ganze Region tyrannisieren.»

Bum-bum-bum raubt den Schlaf

Auch seine Nachbarin Maya Hany (61) hat ein Haus am See und die Nase voll: «Abends liegt man im Bett und will die Augen schliessen. Dann geht es los: Bum-bum-bum. Die Basstöne rauben einem den letzten Nerv.»

Peter Stürmlin (64) kaufte seine Ferienvilla in Gerra Gambarogno vor 27 Jahren. «Grad weil es hier so still ist», sagt er. «Damit ist es vorbei. Die Lounges in Ascona hört man fast jede Nacht. Manchmal bis drei Uhr morgens.» Der pensionierte Bäckermeister geht aus Gewohnheit früh schlafen. «Doch daran ist nicht mehr zu denken.»

Jetzt sammeln sie Unterschriften

Der Unmut vereint. Seit einer Woche werden Unterschriften gesammelt. Mindestens 2000 sollen es werden. Dann wird die Petition der Gemeinde Ascona überreicht. Die Lounge-Betreiber selber stehen dem Rummel um den Lärm gelassen gegenüber. «Wir sind keine Disco», sagt Henrik Maass (46), einer der drei Geschäftsführer der Lido Bar. «Unsere Gäste wollen chillen und nicht tanzen. Darum ist die Musik nicht so laut. Wir wollen auf keinen Fall die Nachtruhe stören. Darum sind wir in ständigem Kontakt mit den hiesigen Hotels und Anwohnern.» Bei Beschwerden werde die Lautstärke gerne runtergedreht, sagt Maass. Aber: «Aus Gambarogno hat bei uns noch nie einer reklamiert.»

2010 eröffnete das Trio die Lounge am Lido von Ascona – ein Riesenerfolg. «Zusammen mit der Delta Beach Lounge sind abends bis zu 2000 Gäste am See», sagt Henriks Bruder Florin (42).

Asconas Gemeinderat und Polizei-Beauftragter Tiziano Broggini (61) ist in der Klemme: «Ascona ist ein Tourismusgebiet. Einerseits müssen wir den Leuten etwas bieten. Andrerseits verstehe ich die Bewohner von Gambarogno.»

Broggini ist zuversichtlich: «Wir werden einen Kompromiss finden.»

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