Durfte der Kampfpilot Lars Koch ein Passagierflugzeug abschiessen, um zu verhindern, dass ein Terrorist dieses auf ein vollbesetztes Fussballstadion stürzen lässt? Darf man 164 Menschen töten, um 70 000 zu retten? Darum ging es gestern Abend auf SRF, ARD und ORF im Gerichts-Thriller «Terror – Ihr Urteil».
Der Film basiert auf dem Theaterstück «Terror» des deutschen Strafverteidigers und Dramatikers Ferdinand von Schirach (52). Es wirft die alte philosophische Frage auf: Darf man das Leben weniger Menschen opfern, um viele zu retten? Ein Airbus mit 164 Passagieren wird auf dem Flug von Berlin nach München gekapert. Der Entführer droht, die Maschine auf ein vollbesetztes Fussballstadion stürzen zu lassen. Kampfjets versuchen den Airbus zuerst abzudrängen. Doch als die Maschine nicht reagiert, entscheidet Pilot Lars Koch (Florian David Fitz) eigenmächtig, die Maschine abzuschiessen. Alle Passagiere sterben. Später kommt er wegen dieser Handlung vor Gericht.
Gleich im Anschluss an den Film forderte der TV-Richter (Burghart Klaussner) die Zuschauer in allen drei Ländern auf, ihr Urteil über den Piloten via Tele-Voting zu fällen. Und auch darüber, wie der Film ausgehen soll. Nach wenigen Minuten Unterbruch wurde das Urteil ausgestrahlt. Die beiden Versionen waren fertig produziert. Das Urteil war eindeutig: Die Schweizer Fernsehzuschauer folgten dem Plädoyer des Verteidigers des Kampfpiloten und sprachen ihn mit 84 gegen 16 Prozent frei. Mit 87 zu 13 Prozent stimmten die Deutschen und Österreicher noch deutlicher für den Piloten.
Bei uns ist das Szenario in der Verordnung über die Wahrung der Lufthohheit geregelt. Waffeneinsatz ist bei «nicht eingeschränktem Luftverkehr» grundsätzlich verboten. Bei eingeschränktem Flugverkehr – also etwa bei Terrorverdacht – ist ein Abschuss als allerletztes Mittel erlaubt. Für den Abschussbefehl ist Verteidigungsminister Guy Parmelin verantwortlich. Allenfalls kann er den Entscheid an Luftwaffenchef Aldo Schellenberg delegieren. Eigenmächtig entscheiden darf ein Pilot nur im absoluten Notstand oder bei Notwehr. Künftig wird die Thematik im neuen Militärgesetz geregelt sein.
Bei uns ist das Szenario in der Verordnung über die Wahrung der Lufthohheit geregelt. Waffeneinsatz ist bei «nicht eingeschränktem Luftverkehr» grundsätzlich verboten. Bei eingeschränktem Flugverkehr – also etwa bei Terrorverdacht – ist ein Abschuss als allerletztes Mittel erlaubt. Für den Abschussbefehl ist Verteidigungsminister Guy Parmelin verantwortlich. Allenfalls kann er den Entscheid an Luftwaffenchef Aldo Schellenberg delegieren. Eigenmächtig entscheiden darf ein Pilot nur im absoluten Notstand oder bei Notwehr. Künftig wird die Thematik im neuen Militärgesetz geregelt sein.
Jonas Projer (34) diskutierte in seiner anschliessenden Sendung «Arena Spezial» mit Gästen und Experten die Entscheidung (siehe unten). Inklusive Liveschaltungen zu ARD und ORF, wo der brisante Film ebenfalls kontrovers besprochen wurde.
Wie würde sich Jonas Projer entscheiden? «Das muss jeder für sich selber beantworten, nachdem er den ganzen Film gesehen hat. Wenn ich der Pilot wäre, würde ich mein Gewissen befragen – und wahrscheinlich ebenfalls schiessen», sagt er.
Aber der Film stelle ja eine andere Frage: Soll der Pilot schuldig gesprochen werden oder nicht? «Da finde ich persönlich: Ja, er sollte schuldig gesprochen werden», so der Moderator. «Als Pilot würde ich also wahrscheinlich schiessen – und davon ausgehen, für diesen Entscheid verurteilt zu werden.»
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Von Daniel Riedel, Co-Ressortleiter News
Könnte man Menschenleben gegeneinander aufrechnen, wäre das Ergebnis klar: 164 Passagiere geopfert, dafür 70'000 Leben im Stadion gerettet. Macht 69'836 gute Gründe, um ein entführtes Flugzeug vom Himmel zu holen. Doch so einfach ist es nicht. Terrorbedrohung legitimiert rein rechtlich keinen Abschuss. Vor Gericht würde aus dem Helden ein Massenmörder, der sich alleine für seine Entscheidung zu verantworten hätte. Berufen könnte er sich vor dem Richter maximal auf einen «übergesetzlichen Notstand». Ob ein gekapertes Flugzeug darunter fällt, ist schlichtweg nicht definiert. Also fällt der Pilot seine Entscheidung am Ende ganz allein. Innert Minuten. Ohne Absicherung und gesetzlichen Fallschirm. Deswegen braucht es Mut und gesunden Menschenverstand. Wir alle wissen, dass er es nicht darf. Wir alle wissen, dass er es trotzdem machen muss. Eben weil er 69'836 Leben rettet und als Pilot damit seinen Job erfüllt. Im Notfall auch in Eigenregie.
Von Daniel Riedel, Co-Ressortleiter News
Könnte man Menschenleben gegeneinander aufrechnen, wäre das Ergebnis klar: 164 Passagiere geopfert, dafür 70'000 Leben im Stadion gerettet. Macht 69'836 gute Gründe, um ein entführtes Flugzeug vom Himmel zu holen. Doch so einfach ist es nicht. Terrorbedrohung legitimiert rein rechtlich keinen Abschuss. Vor Gericht würde aus dem Helden ein Massenmörder, der sich alleine für seine Entscheidung zu verantworten hätte. Berufen könnte er sich vor dem Richter maximal auf einen «übergesetzlichen Notstand». Ob ein gekapertes Flugzeug darunter fällt, ist schlichtweg nicht definiert. Also fällt der Pilot seine Entscheidung am Ende ganz allein. Innert Minuten. Ohne Absicherung und gesetzlichen Fallschirm. Deswegen braucht es Mut und gesunden Menschenverstand. Wir alle wissen, dass er es nicht darf. Wir alle wissen, dass er es trotzdem machen muss. Eben weil er 69'836 Leben rettet und als Pilot damit seinen Job erfüllt. Im Notfall auch in Eigenregie.
Von Joël Widmer, Co-Ressortleiter Politik
Eigentlich ist die Rechnung einfach. Wenn man 70'000 Menschenleben retten kann, schiesst man besser ein gekapertes Flugzeug mit 164 unschuldigen Insassen ab. Man wählt das sogenannt kleinere Übel. Doch so einfach ist die Sache nicht. In der Bundesverfassung steht zum Glück in Artikel sieben: «Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.» Und in Artikel zehn: «Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.» Diese Rechte gelten für alle Betroffenen uneingeschränkt, für die 70'000 im Stadion wie die 164 im Flugzeug. Und es macht keinen Unterschied, ob die 164 dem Tod eh schon nahe stehen könnten. Die Würde des Menschen gilt ohne Wenn und Aber bis zum Todeszeitpunkt. Und kann ich als Jet-Pilot oder Kommandeur wirklich sicher sein, dass es sich der Terrorist nicht im allerletzten Moment anders überlegt? Und soll ich für den Terroristen wirklich die Tötung Unschuldiger übernehmen? Ich täte es nicht.
Von Joël Widmer, Co-Ressortleiter Politik
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