Treffen in Bern
Radikalisierung und Terrorismus beschäftigen fünf Justizminister

An ihrem jährlichen Treffen haben die deutschsprachigen Justizminister die Verhinderung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus sowie von Terrorismus diskutiert. In ihrer Bilanz nach einem zweitägigen Erfahrungsaustausch anerkannten sie die Wichtigkeit der Prävention und lobten das Schweizer Modell.
Publiziert: 10.09.2016 um 12:24 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 15:10 Uhr
«Wir ziehen an einem Strick»: Die Justizminister Deutschlands, Heiko Maas, Österreichs, Wolfgang Brandstetter, Liechtensteins, Thomas Zwiefelhofer, und Luxemburgs, Felix Braz, in Bern mit Gastgeberin Bundesrätin Simonetta Sommaruga (von l. n. r).
Foto: Keystone/ANTHONY ANEX

«Wir können uns bei diesen Themen nur vernetzen und von einander lernen», sagte Gastgeberin und Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Samstag im Anschluss an das zweitägige Treffen. Am Freitag hätten die Justizminister gesellschaftspolitische Fragen diskutiert, etwa den Umgang mit religiösem Fundamentalismus und Radikalisierung

Gemäss Medienmitteilung betonte Sommaruga am traditionellen Fünfländertreffen, dass religiöser Fundamentalismus nicht mit gewalttätigem Extremismus gleichzusetzen sei. Terroristen würden vielmehr eine fundamentalistische Auslegung der Religion für ihre Gewaltakte instrumentalisieren und damit missbrauchen.

Sommaruga stellte fest, dass sich die Gesellschaft im Umgang mit öffentlich sichtbaren Zeichen des islamischen Glaubens zunehmend polarisiere. In der Schweiz zeige sich dies an den Diskussionen um religiöse Symbole im Schulunterricht oder ein Burkaverbot.

Der umfassende Umgang der Schweiz mit religiösem Fundamentalismus und Radikalisierung mit Massnahmen zur Prävention, Deradikalisierungsprogrammen im Strafvollzug und der Reintegration nach einem solchen, wurde von den Amtskollegen aus Deutschland, Österreich, Luxemburg und Liechtenstein als vorbildlich bezeichnet.

«Das ist der richtige Weg, ein in sich geschlossenes Konzept, das überzeugt», sagte der deutsche Justizminister Heiko Maas am Samstag vor den Medien in Bern. Alles andere sei Stückwerk. Das Modell der Schweiz sei diesbezüglich interessant auch für Deutschland.

Auch Félix Braz, der luxemburgische Justizminister, betonte die Wichtigkeit der Prävention. «Wir müssen uns fragen, wieso junge Menschen an einem bestimmten Punkt ihrer Biografie soweit sind, einen Hass auf ihr eigenes Land zu entwickeln.» Er nehme nach dem Erfahrungsaustausch in Bern wichtige Erkenntnisse mit nach Luxemburg zurück. Braz lobte die «pragmatische Art und Weise, wie in der Schweiz mit dem Thema umgegangen wird».

Trotz der Anerkennung für das Engagement in diese Richtung stellte Sommaruga in Frage, ob die Schweiz genügend rechtliche Instrumente hat. Sie erwähnte das Islamgesetz in Österreich und die Konvention in Luxemburg, die das Verhältnis zwischen den Muslimen im Land und dem Staat regelt.

«Diese Länder sind schon weiter als die Schweiz.» Es lohne sich, sich damit auseinanderzusetzen, sagte Sommaruga. Allerdings ist in der Schweiz das Verhältnis zu Religionsgemeinschaften eine kantonale Angelegenheit.

Der Samstag war rechtlichen Fragen im Umgang mit gewalttätigem Extremismus und Terrorismus gewidmet. Dabei standen Massnahmen und Instrumente im Fokus. Die Justizminister waren sich einig, dass die heute verfügbaren rechtlichen Instrumente konsequent anzuwenden sind.

«Anregend war der Austausch über künftige gesetzgeberische Massnahmen», erklärte der österreichische Justizminister Wolfgang Brandstetter vor den Medien in Bern. «Wir ziehen bei dieser schwierigen Problematik an einem Strick.»

«Terrorismus ist international und macht internationale Zusammenarbeit notwendig», sagte Maas. Dabei gehe es unter anderem um den Datenaustausch - auch bei Grenzübertritten - und die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden. «Aber in unserer offenen Gesellschaft gibt es keine 100-prozentige Sicherheit.»

Das Fürstentum Liechtenstein überlegt sich als weitere Massnahme die Öffnung des Berufsgeheimnisses, wie Justizminister Thomas Zwiefelhofer erklärte. Träger des Berufsgeheimnisses sollen sich bei Verdacht oder Unsicherheit an die Polizei wenden können.

«Kein Land kann alleine Lösungen finden, auch wenn die Bürger das erwarten und denken», erinnerte Braz. «Wir müssen auf der internationalen Ebene zusammenarbeiten, weil wir das auf nationaler Ebene nicht schaffen», sagte der Luxemburger. (SDA)

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