Vier Wochen nach dem Fund der Leiche der Tessiner Primarlehrerin Nadia A.* (†35) unmittelbar hinter dem Schweizer Grenzübergang in Gaggiolo TI sind noch viele Fragen offen. Sicher scheint zurzeit nur: Die junge Frau starb einen qualvollen Tod.
Das Opfer hatte einen tiefen Schnitt an der Stirn. Ein zweiter Schnitt hatte fast eine Fingerkuppe abgetrennt. Zudem sei der Körper von Nadia A. mit Blutergüssen übersät, schreibt die Zeitung «Il caffè». Das gehe aus dem Bericht einer zweiten Obduktion hervor, die in der Rechtsmedizin von Locarno TI vorgenommen worden sei.
Mit Plastiktüte erstickt
Die Spurensicherung habe zudem Blutflecken, die eindeutig von Nadia A. stammten, in ihrem Wohnhaus in Stabio TI entdeckt. Damit scheint klar: Der Mord an der Tessinerin begann dort.
Nadia A. wurde von ihrem Killer mit einem Plastiksack erstickt. Er rollte ihren leblosen Körper in einen Teppich, steckte ihn in den Kofferraum seines Autos und warf ihn gleich hinter der Grenze ins Unterholz. Die Entsorgung des Opfers, so rekonstruierten die Ermittler, sei wohl am frühen Freitagabend des 14. Oktober geschehen (BLICK berichtete).
Doch Nadia A. war zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht tot. Sie starb erst in der Nacht auf Samstag. Auch das ergab die neue Autopsie. Damit verstrickt sich der Hauptverdächtige, Nadias Schwager Michele E.* (42), noch tiefer in Widersprüche.
Schwager bestreitet Vorwürfe weiterhin
Der Informatiker und Hobby-Krimiautor geriet sofort ins Visier der Polizei. Zwei Tage nach dem Leichenfund wurde der Ehemann von Nadias Schwester Manuela verhaftet. Michele E. beharrt bis heute darauf, Nadia nicht getötet zu haben. Er habe sie tot in der Wohnung gefunden und dann aus Rücksicht auf ihre Familie weggeschafft.
Welche Rolle spielen die Angehörigen in diesem schaurigen Mysterienspiel? Ein Bericht der italienischen Version von «Aktenzeichen XY ... ungelöst» macht stutzig. In «Chi l’ha visto?» erzählt Nadias Vorgesetzter, der Direktor der Primarschule von Stabio: «Als Nadia am Montag nicht in die Klasse kam, bin ich zu ihr nach Hause gegangen, um nach ihr zu schauen. Die Mutter machte die Tür auf, liess mich aber nicht hinein.»
Nadias Mutter sagte dem Direktor, ihre Tochter habe sich in ihrem Zimmer eingeschlossen. Das war drei Tage nach ihrem Tod. Dass es sich bei der Leiche im Wald von Rodero (I) um Nadia A. handelte, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.
Beerdigung diese Woche
Auch dass Nadia am Kindergeburtstag ihrer geliebten Nichte fehlte, schien die Familie nicht sonderlich zu beunruhigen. Er fand an jenem Sonntag statt, an dem Nadias Leiche gefunden wurde.
Am Samstagnachmittag zuvor hatten Nadias Schwester, Nadias Verlobter und eine ihrer Freundinnen ein merkwürdiges SMS erhalten: «Mir geht es nicht gut. Ich will alleine sein. Ich habe sogar die Eintrittskarten für das Coldplay-Konzert weggeworfen. Sucht mich nicht. Eure Nadia.» Da war Nadia bereits 16 Stunden tot. Wer verschickte die Nachricht in Nadias Namen? War es Michele E., der Schwager?
Wenn es der Tochter, der Schwester so schlecht ging, warum suchte niemand in der Familie nach ihr? In dieser Woche soll Nadia A. in ihrer Heimat beerdigt werden.
* Namen der Redaktion bekannt
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