Über 20 Grad, strahlender Sonnenschein und das erste Mal seit gefühlten sechs Monaten kein Schneesturm angesagt. Die Schweizer rollen ihre Grills in den Garten, kaufen sich Plätzli, Bratwurst, Rippli.
Dieses Jahr können wir das Fleisch sogar ohne teutonischen Beigeschmack geniessen: «Chame das grille?», hatte Grossverteiler Coop letztes Jahr auf Plakaten, in TV- und Radiospots gefragt.
Das halbe Land diskutierte die Bevorzugung des aus Deutschland stammenden «grille»; viele nervten sich. In der Schweiz solle man gefälligst auch in der Schriftsprache «grilliere».
Jetzt macht Coop tatsächlich die helvetische Kehrtwende: «Dieses Jahr haben wir auf allen Werbeträgern ‹grille› durch ‹grilliere› ersetzt», bestätigt Sprecher Urs Meier.
Wollte Coop einem weiteren Sprachstreit aus dem Weg gehen? Erst vor zwei Wochen hatte Blick am Abend über Calanda-Bräu berichtet, die jetzt «Radler» statt «Panaché» verkauft. Das stiess vielen sauer auf, die lieber Trottoir statt Gehsteig oder Zügeln statt Umziehen sagen.
Die Helvetismus-Diskussion sei aber für Coop nicht der Grund gewesen. «Es ging uns darum, dieses Jahr auch die Leute zu berücksichtigen, die diesen Sprachgebrauch pflegen. Grillen war und fanden wir auch nie falsch», sagt Meier.
In der Schweiz werde ja auch Brötle verwendet. «Vielleicht verwenden wir in Zukunft auch einmal diesen Begriff.»
Interview mit Professor Hans Bickel, Helvetismus-Experte beim Sprachatlas der Schweiz.
Herr Bickel, warum sagen die Deutschschweizer überhaupt «Grillieren»?
Der Helvetismus kommt vom Französischen her, während der Teutonismus «Grillen» wohl eher an das Englische anlehnt. Genauso wie bei Parken und Parkieren. Da sind die Deutschschweizer dem frankophonen Sprachraum näher. Es gibt aber auch Verben, für die nur eine Variante existiert: lavieren oder kopieren zum Beispiel.
Warum gibt es Proteste gegen das Verschwinden bestimmter Helvetismen?
Die Leute empfinden – besonders in der Werbung – gewisse Ausdrücke als fremd. Wenn Coop jetzt in der Werbung Apfelsinen statt Orangen oder Sonnabend statt Samstag verwendete, würden sich die Schweizer fragen: Geht uns das etwas an? Aber die Sprachen sind im Kontakt, verändern sich ständig. Gut möglich, dass in der Schweiz in einigen Jahren nur noch das Verb grillen verwendet wird.
Bezeichnet «Brätle» eigentlich dasselbe?
Das ist einfach der Dialekt-Ausdruck für Grillieren, das eher ins Schweizer Hochdeutsche gehört. Brätle, brötle und seine weiteren Varianten werden in der ganzen Deutschschweiz verwendet. (bih)
Interview mit Professor Hans Bickel, Helvetismus-Experte beim Sprachatlas der Schweiz.
Herr Bickel, warum sagen die Deutschschweizer überhaupt «Grillieren»?
Der Helvetismus kommt vom Französischen her, während der Teutonismus «Grillen» wohl eher an das Englische anlehnt. Genauso wie bei Parken und Parkieren. Da sind die Deutschschweizer dem frankophonen Sprachraum näher. Es gibt aber auch Verben, für die nur eine Variante existiert: lavieren oder kopieren zum Beispiel.
Warum gibt es Proteste gegen das Verschwinden bestimmter Helvetismen?
Die Leute empfinden – besonders in der Werbung – gewisse Ausdrücke als fremd. Wenn Coop jetzt in der Werbung Apfelsinen statt Orangen oder Sonnabend statt Samstag verwendete, würden sich die Schweizer fragen: Geht uns das etwas an? Aber die Sprachen sind im Kontakt, verändern sich ständig. Gut möglich, dass in der Schweiz in einigen Jahren nur noch das Verb grillen verwendet wird.
Bezeichnet «Brätle» eigentlich dasselbe?
Das ist einfach der Dialekt-Ausdruck für Grillieren, das eher ins Schweizer Hochdeutsche gehört. Brätle, brötle und seine weiteren Varianten werden in der ganzen Deutschschweiz verwendet. (bih)