Es ist Sonntagnachmittag, kurz nach Mittag im Zürcher Seefeld. Stuhl an Stuhl sitzen die Kursteilnehmer am Sitzungstisch. Die Augen sind geschlossen, die Köpfe gesenkt, die Hände auf dem Bauch oder Schenkel – die Gedanken weit weg. Sie üben schmerzfreies Gebären durch Mentaltraining, im Fachjargon Hypnobirthing.
Der Gynäkologe Thomas Eggimann von der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) sagt: «Schmerzfreies Kinderbekommen liegt im Trend, die Frauen sehen immer weniger ein, warum sie die Geburtsschmerzen erdulden sollen.»
Die Nachfrage nach Kursen, wie Hypnobirthing und anderen schmerzlindernden Hilfsmitteln ist riesig. Einzelne Spitäler arbeiten sogar mit Lachgas. «Das macht die Schmerzen erträglicher», erklärt Frauenärztin Barbara Blöchlinger-Wegmann vom GZO Spital Wetzikon. «Es beruhigt und beduselt leicht.»
Beliebt ist auch der «Happy Button». Damit können sich Frauen während der Wehen per Knopfdruck selber eine neue Dosis Schmerzmittel verabreichen. Blöchlinger-Wegmann: «Die Wirkung hält eine Minute – genau so lange dauert in der Regel eine Wehe.»
Im Kurs Hypnobirthing im Zürcher Seefeld ist heute selbstverständlich, was früher undenkbar war: Der Mann trainiert und leidet mit. «Die Partner sind Geburtsgefährten», sagt Nadine Ballmer von Hypnobirthing Schweiz. «Sie helfen ihren Frauen, in die angestrebte Tiefenentspannung zu kommen.»
In den Kursen lernen die Frauen aber auch, ihre Ängste abzubauen. «Angst erzeugt Spannung, was zu Schmerzen führt», sagt Ballmer. Neben verschiedenen Atmungstechniken gibt es das passende Vokabular: Die «Wehen» nennen sie «Wellen». Statt «Schmerz» sagen sie «Anspannung» oder «Druck». Doch was nützt die sprachliche Anpassung? «Gedanken und Worte können im Körper biomechanische Reaktionen auslösen», sagt Ballmer. Das heisst: «Wenn wir uns auf den Schmerz konzentrieren, spüren wir ihn auch – und unser gängiges Geburtsvokabular ist leider eine wahre Schmerzansammlung.»
Von äusserst positiven Rückmeldungen ihrer Patientinnen spricht auch die Hypnosetherapeutin Jacqueline Singenberger aus Münchwilen TG. «Sie haben deutlich weniger Schmerzen», sagt die dreifache Mutter. Zudem sei ihr Zeitempfinden geringer, die Geburt angenehmer – und kürzer.
Das Mentaltraining soll auch dem Kind zugutekommen. «Einige Babys haben dank Hypnobirthing nach der Geburt nicht einmal geweint.»
Sie betont aber, dass diese Methode nicht für alle Frauen geeignet sei. Und Wunder darf man auch nicht erwarten. «Es gibt leider keine Geburt ganz ohne Schmerzen.»
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