Das Entsetzen steht ihr ins Gesicht geschrieben. Anita Chaaban (51) hat jahrelang dafür gekämpft, dass Sexualstraftäter verwahrt werden. Gegen alle Widerstände initiiert sie die Volksinitiative «Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter». Die Initiative wird 2004 vom Volk angenommen. Ein riesiger Erfolg für Chaaban.
Aber ein Erfolg, der ihrer Nichte Katja (26) nichts nützt. Denn Charly Schranz (39), der sie als Mädchen vergewaltigt und fast umgebracht hat, will raus aus dem Knast. Er hat ein Gesuch um vorzeitige Entlassung eingereicht. Stellt der zuständige Psychiater ihm eine gute Prognose, könnte Schranz schon Ende Oktober ein freier Mann sein.
Ein unerträglicher Gedanke für Katja und ihre Familie. «Der darf doch nie mehr auf die Gesellschaft losgelassen werden», sagt Anita Chaaban. Sie ist sich sicher, dass Schranz nach wie vor eine Gefahr darstellt. Dass er, wie vor 13 Jahren, wieder einem Mädchen auflauern wird. «Und beim nächsten Mal geht er auf Nummer sicher und bringt sein Opfer um.»
Schliesslich habe Schranz schon damals während der Verhandlung keinerlei Einsicht gezeigt, sagt die 51-Jährige. Und auf Mitlied gehofft. «Ich bin kein schlechter Mensch», beteuerte er vor Gericht. Wie ein Häuflein Elend habe er sich vor den Geschworenen dargestellt, erinnert sich Chaaban. «Aber als er den Gerichtssaal verliess, hat er sich zu mir umgedreht und mich angegrinst!»
Katjas Familie glaubt nicht an einen geläuterten Charly Schranz. In den vergangenen Jahren sei nie ein Brief von ihm aus dem Knast gekommen, nie ein Wort der Entschuldigung an Katja.
Anita Chaaban hat engen Kontakt zu ihrer Nichte. Und sie weiss, wie sehr die junge Frau noch heute unter der schrecklichen Tat leidet. Denn die Erinnerung an den verhängnisvollen Freitag lässt Katja nicht los.
Auch 13 Jahre danach sind die schrecklichen Bilder da: Schranz lauert ihr an einem Feldweg auf. Rammt ihr Velo mit seinem weissen Golf und zieht sie in den Wagen. Er vergewaltigt die 13-Jährige, stranguliert sie mit einem Gurt und wirft sie schliesslich in einen eiskalten Kanal.
Nur mit Glück überlebt Katja das Martyrium. Weil sie sich tot stellt, als Schranz Steine nach ihr wirft, um zu testen, ob sie noch lebt.
Wenige Tage später wird der Vorarlberger verhaftet. Und vom Oberlandesgericht in Innsbruck (Ö) zu 18 Jahren Haft in einem österreichischen Gefängnis für geistig abnorme Rechtsbrecher verurteilt. Dass er nicht lebenslang hinter Gitter muss, verdankt er seinem Geständnis und einem Gutachten, das ihm eine geistig-seelische Abartigkeit bescheinigt.
Damals war Katja ein junges Mädchen an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Heute arbeitet sie als Verkäuferin, versucht ein normales Leben zu führen. Doch die Angst bleibt.
«Sie kann nicht gut alleine sein, vor allem nicht in der Nacht», erzählt ihre Mutter Doris V.* (51). Da schrecke Katja jedes Geräusch auf. Mit klopfendem Herzen und feuchten Händen liege sie dann wach.
Besonders jetzt ist die Angst wieder allgegenwärtig. Katjas Mutter appelliert eindringlich an die zuständigen Behörden: «Habt endlich den Mut, diesen Mann für immer wegzusperren!»
Anita Chaaban will weiterkämpfen. Für ihre Nichte Katja – und für alle jungen Mädchen in der Schweiz: «Es sind schon genug Verbrechen von rückfälligen Tätern verübt worden», sagt sie. «Damit muss endlich Schluss sein!»
*Name der Redaktion bekannt
Die Unterschriftensammlung begann zwar schleppend. Doch der couragierte Fernsehauftritt von Anita Chaaban im Februar 1999 bei «Tele 24» sorgte für Aufsehen – und für Unterschriften. Drei Monate später konnte Chaaban ihre Initiative einreichen. Und sie kämpfte weiter, gegen viele Widerstände. Parlament und Bundesrat waren gegen die Initiative. Unerschrocken diskutierte die gelernte Büroangestellte mit Richtern, Strafrechtlern und Psychiatern. Sechs Jahre lang.
Am 8. Februar 2004 dann das klare Ja der Schweizer Stimmbürger: Die Verwahrungsinitiative war angenommen. Und Anita Chaaban am Ziel.
Die Unterschriftensammlung begann zwar schleppend. Doch der couragierte Fernsehauftritt von Anita Chaaban im Februar 1999 bei «Tele 24» sorgte für Aufsehen – und für Unterschriften. Drei Monate später konnte Chaaban ihre Initiative einreichen. Und sie kämpfte weiter, gegen viele Widerstände. Parlament und Bundesrat waren gegen die Initiative. Unerschrocken diskutierte die gelernte Büroangestellte mit Richtern, Strafrechtlern und Psychiatern. Sechs Jahre lang.
Am 8. Februar 2004 dann das klare Ja der Schweizer Stimmbürger: Die Verwahrungsinitiative war angenommen. Und Anita Chaaban am Ziel.