Sie protzen, was das Zeug hält, leasen schnelle Autos, bluffen mit dem neusten Smartphone, kaufen Edeljeans oder Designershirts. Und am Wochenende lassen sie in den angesagtesten Clubs die Korken knallen. Alles auf Kredit ...
Viele Junge baden in Luxus, den sie sich nicht leisten können. Die Fotos ihrer Eskapaden verbreiten sie stolz im Internet. Neid und Respekt ihrer Altersgenossen sind ihnen gewiss.
Für Schlagzeilen sorgten kürzlich blutjunge Aargauerinnen, die sich mit Brillanten und teurem Champagner auf Facebook zeigten: Sie sollen einem Rentner 300000 Franken für ihren luxuriösen Lebensstil abgeluchst haben. Auch der als «Bomben-Bubi» bekannt gewordene Teenie, der am Freitag vor einer Woche am Basler Tinguely-Brunnen eine Sprengsatz-Attrappe deponierte, hatte Fotos von sich mit vergoldeter Waffe und Maserati verbreitet.
Gemäss dem Schuldenreport «Radar 2014» der Inkasso-Dienstleisterin Intrum Justitia werden soziale Medien beim Konsum immer wichtiger. Die Generation Internet weise das mit Abstand höchste Verschuldungsrisiko auf.
38 Prozent der 18- bis 24-Jährigen haben Schulden, besagt eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz. Das sind 246000 junge Menschen. Bei jedem zehnten ist die Schuldenlast höher als 2000 Franken. Dr. Elisa Streuli (55), Beraterin und Dozentin am Institut für angewandte Psychologie in Zürich, hat an der Studie mitgewirkt. «Vielen Teenagern fehlt eine Lebensperspektive, sie haben noch keine Familie und keinen Beruf. Deshalb definieren sie sich über den Konsum. Sie versuchen, mit Waren eine Identität aufzubauen.»
Die meisten leihen sich zunächst kleine Beträge bei Eltern oder Bekannten, «zahlen diese auch ehrlich zurück». Spätestens beim Auszug aus dem Elternhaus wird es dann eng. Wie bei Monika Weber* (30) aus Bern. «Es fing mit 18 an, als ich von zu Hause auszog», erzählt die Dentalassistentin. «Plötzlich musste ich Miete, Krankenkasse, Essen und Steuern zahlen. Das ging immer knapp. Aber sobald die Handyrechnung einmal höher war, hatte ich kein Geld mehr dafür.»
Trotzdem füllte sie fleissig Warenkörbe im Internet. «Dort fragte keiner nach, ob man Geld hat. Und die Rechnungen warf ich einfach ungeöffnet weg.» Die junge Frau kaufte Möbel, Kleider, Kosmetikartikel. Nicht, weil sie die Sachen brauchte. «Sondern wegen dem Gefühl, das sie mir gaben. Wenn du heute nicht mehr das beste Handy, die neusten Schuhe hast, bist du ein Niemand. Ich wollte im Mittelpunkt stehen.»
Trotz Mahnungen und Betreibungen lebte die junge Frau jahrelang im Internet-Konsumrausch. «In meinem Umkreis hat niemand etwas mitbekommen. Gegen aussen war ich glücklich und erfolgreich. Aber innerlich hat es mich fast zerrissen, weil ich mich so geschämt habe.»
Elisa Streuli und ihr Forschungsteam führten ausführliche Gespräche mit jungen Erwachsenen. Die meisten Schuldner fühlten sich wie Monika Weber. «Ihr Konsum ist nicht Ausdruck eines sorglosen Lebens, sondern der grossen Belastung, keine Lebensperspektive zu haben.»
Auch wenn es den Anschein habe, könnten verschuldete Teenager ihr Leben nicht geniessen. «Im Gegenteil, sie haben grosse Schuldgefühle.»
Je höher die Zahlungsrückstände, desto schwerer fällt es ihnen, die Fehler einzugestehen, etwas dagegen zu unternehmen. Die Schuldenspirale dreht sich immer weiter. Drei Prozent der Jugendlichen wurden schon betrieben, vier Prozent haben Schulden bei Kreditinstituten.
Der Weg zu einem ausgeglichenen Konto ist lang. Mehr als jeder Dritte, der erstmals im Alter von 18 bis 24 Jahren Schulden macht, hat auch nach fünf Jahren zumindest eine offene Forderung, heisst es im Bericht «Radar 2014».
Wie hart der Weg aus dem finanziellen Keller ist, weiss kaum einer so gut wie Stefan Angehrn. Der Ex-Boxer kämpft seit Jahren gegen eine Schuldenlast, die sich noch auf fast 150000 Franken beläuft.
Monika Weber dagegen hat es geschafft. Heute ist sie schuldenfrei: «Mit 27 hatte ich einen neuen Freund, eine neue Wohnung und einen neuen Job. Diese Perspektive habe ich gebraucht, um mich dem Problem zu stellen.»
Sie besuchte die Fachstelle Schuldensanierung Berner Oberland. Dort wurde sie gebeten, alle offenen Rechnungen mitzubringen. «Es war ein riesiger Haufen. Als wir alles zusammengerechnet hatten, kamen wir auf 25 000 Franken. Erst da habe ich realisiert, wie gross meine Probleme sind.»
Mit dem Schuldenberater erarbeitete sie einen Plan. Er verwaltete das Geld, zahlte damit Schulden und laufende Rechnungen. Sie bekam 650 Franken Taschengeld im Monat. «Es war brutal, plötzlich nur noch so wenig für mich zu haben. Oft wollte ich aufgeben.» Doch die Bernerin hielt durch, fand sogar Gefallen am Sparen. «Zum ersten Mal ein ausgeglichenes Konto zu haben, in den Laden zu gehen und eine Hose bar zu bezahlen, das war aufregend und befreiend.»
Nach drei Jahren waren alle Schulden beglichen, Weber waltet seit sechs Monaten selbst über ihr Geld. «Heute definiere ich mich nicht mehr über Konsum – und geniesse es, am Ende des Monats etwas auf mein Sparkonto zu überweisen.»
Jungen Menschen rät sie, Hilfe zu holen, sobald die Ausgaben die Einnahmen übersteigen. «Wer die Rechnung fürs Handy nicht zahlen kann, muss das ernst nehmen und nicht denken, dass es nächsten Monat klappt. Denn genau so fängt es an.»
* Name geändert
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