Es geht um Vertrauen: Die Schülerinnen balancieren auf einem Holzbrett und geben acht, dass das Brett den Boden nicht berührt. Dazu müssen sie sich aneinander festhalten. «Es klappt nur, wenn wir miteinander kommunizieren», sagt Fernanda von Segesser (17) aus Luzern. Der Sinn: «Die Übungen schweissen uns zusammen», sagt Selina Maccioni (15) aus Brunnen SZ.
Sie sind Teil eines in der Schweiz wohl einzigartigen Pflichtfachs: Glück. Es steht neben Fächern wie Mathematik und Deutsch auf dem Stundenplan der privaten Mädchenschule Theresianum Ingenbohl in Brunnen SZ.
Dozentin für Glück ist Marina Berini (56): «In der heutigen Leistungsgesellschaft wird zu wenig Wert aufs Glücklichsein gelegt. Dabei ist es oft der Schlüssel zum Erfolg.»
Mit Esoterik nichts zu tun
Sie ist überzeugt, dass man Glücklichsein lernen kann. «Aus der Hirnforschung wissen wir, dass unsere Fähigkeit, glücklich zu sein, zu 50 Prozent genetisch bedingt ist. 40 Prozent haben mit unserer Einstellung zu tun, und nur zehn Prozent sind auf äussere Einflüsse zurückzuführen.»
Die erste Unterrichtsstunde vor einem Monat verlief sehr emotional. «Viele mussten weinen», sagt Fernanda von Segesser und erklärt: «Jede Schülerin hatte ein Blatt am Rücken kleben. Darauf notierten die Kameradinnen deren positive Eigenschaften.» Sie war überrascht, von so vielen als selbstbewusst wahrgenommen zu werden. «Das fand ich sehr schön», sagt sie.
Der Pilotversuch in Brunnen läuft vom 7. bis 9. Schuljahr und ist auf ein Jahr beschränkt. «Das Fach Glück wird im Rahmen von zehn Projekttagen unterrichtet», sagt Rektor Clemens Gehrig (58). «Wir überlegen, den Versuch auf ein weiteres Jahr auszudehnen.»
«Negative Erlebnisse und Gedanken wirken leider stärker als positive», sagt Marina Berini, «sie hinterlassen im Hirn und in unserem Verhalten Spuren.» Mit den Übungen schärfen die Schülerinnen ihr Bewusstsein und stärken ihre Widerstandsfähigkeit.
Mit Esoterik haben sie aber nichts zu tun. «Sie sind wissenschaftlich begründbar», sagt Dozentin Berini.