Nur 39 Prozent der Schweizer wären bereit, für ihr Land zu kämpfen
Sind wir feige geworden?

Eine neue, weltweit durchgeführte Studie zeigt: In Westeuropa ist der Anteil der Menschen, die für ihr Land zu kämpfen bereit sind, besonders klein.
Publiziert: 04.01.2015 um 16:27 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:39 Uhr
Von Philippe Pfister und Matthias Halbeis

Pünktlich zum Jahresende fühlt das Meinungsforschungs-Netzwerk Gallup jeweils Zehntausenden von Menschen weltweit den Puls – und fördert dabei immer wieder Erstaunliches zutage. In diesem Jahr nahmen die Gallup-Forscher folgende Frage in ihren Katalog auf: «Angenommen, Ihr Land wird in einen Krieg verwickelt – wären Sie bereit, für Ihre Heimat zu kämpfen?» Für die Schweiz führte das Meinungsforschungsinstitut Léger die Umfrage durch. Teilgenommen haben 1003 Frauen und Männer. Die Resultate liegen SonntagsBlick exklusiv vor.

39 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer wären im Konfliktfall bereit, ihr Land zu verteidigen. Für 47 Prozent wäre das keine Option, 14 Prozent konnten sich nicht recht entscheiden.

In Deutschland ist der Anteil derjenigen, die zu kämpfen bereit wären, noch viel kleiner: 18 Prozent. Die grosse Mehrheit – 62 Prozent – würde den Griff zur Waffe vermeiden wollen.

Ganz anders die Werte aus China: Hier würden 71 Prozent zu den Waffen greifen, wenn sie das müssten, in Vietnam wäre es gar 89 Prozent der Befragten.

Nicht zu spassen ist mit den Bewohnern der Republik Fidschi: Eine überwältigende Mehrheit – 94 Prozent – zeigt sich im Konfliktfall kampfeslustig.

Zu den Rekordhaltern auf der anderen Seite gehören die Holländer: Nur 15 Prozent würden für ihr Land kämpfen wollen.

Wie lassen sich die gewaltigen Unterschiede erklären?

«Wenn die Bürger eines Landes an die rechtsstaatliche oder demokratische Lösung von Konflikten gewohnt sind, sind sie wohl weniger dazu bereit, zu den Waffen zu greifen», sagt dazu Thomas Schäubli (31), Analyst für politische Risiken beim Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners. «Ausserdem dürften sie sich in globalisierten Ökonomien fragen, ob sich ein bewaffneter Konflikt für sie auch wirklich lohnt.»

Zudem spiele es eine Rolle, wie konfliktbeladen ein Land oder eine Region sei. «Führt ein Land gerade Krieg oder wird es angegriffen, dann dürften die Bürger eher bereit sein, für ihr Land zu den Waffen zu greifen.»

Im «von Völkerrecht durchdrungenen, ökonomisch verflochtenen, nur aus demokratischen Staaten bestehenden und in jüngerer Zeit von Konflikten verschonten Westeuropa», sei deshalb der Anteil von Personen (25 Prozent), die für ihr Land in den Krieg ziehen würden, besonders klein, so Schäubli.

Die USA (44 Prozent) dürften wohl deshalb einen höheren Wert ausweisen, «weil sie nicht nur in Konflikten aktiv sind, sondern auch wiederholt zum Ziel von terroristischen Angriffen wurden». Auch die Geschichte eines Landes spiele eine Rolle, was die tiefen Werte von Deutschland und Japan (11 Prozent) erkläre.

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