Dem gängigen Bild eines Häftlings entspricht Norbert Guillod (73) nicht. Und doch weiss er genau, wie es sich hinter Gittern anfühlt. Fast fünfzig Tage hat der Architekt im Gefängnis La Croisée in Orbe VD verbracht – freiwillig. Er bereut es nicht.
«Ich würde jederzeit wieder ins Gefängnis gehen», sagt der fünffache Familienvater aus Pully. «Ich habe jeden Tag genossen. Ich hatte eine Zelle mit Blick auf den Jura. Traumhaft!»
Guillod ist einer der vielen Schweizer, die lieber in den Knast gehen, als eine Busse zu zahlen. Im letzten Jahr waren es 3200 Personen. 1000 mehr als noch im Jahr 2008. Ein Trend, der vor allem den Steuerzahler teuer zu stehen kommt (s. Box).
Weil er seiner Unterhaltspflicht nicht nachkam, musste Guillod 2009 erstmals ins Gefängnis, 45 Tage lang. «Ich konnte eine Zeit lang die Alimente für meine Tochter nicht zahlen. Ich hatte die 800 Franken pro Monat nicht», gesteht er.
Schweizer Gefängnisse zu luxuriös
Schon nach wenigen Tagen bekommt Guillod eine Einzelzelle. «Ich habe mich richtig wohlgefühlt. Ich habe noch nie so konzentriert arbeiten können. Im Gefängnis ist es wie im Hotel», sagt er. Es habe ihm an nichts gefehlt. «Ich hatte einen Fernseher mit 20 Sendern, einen Kühlschrank, eine eigene Toilette und einen Wasserkocher für den Kaffee. Wenn ich Schreibpapier brauchte, haben es mir die Aufseher sofort gebracht.» Guillod schwärmt von den Wachen: «Das sind keine finsteren, muskelbepackte Monster. Sondern feinfühlige Menschen, die gut mit den Verbrechern aus aller Welt umgehen können.»
Das Essen hinter Gittern sei sehr fein gewesen. «Es standen viele regionale Spezialitäten auf dem Menüplan. Nur bei den Fischspeisen gab es noch Verbesserungspotenzial», sagt er. «Und ab und zu ein Glas Rotwein am Abend wäre schon schön gewesen.»
Für Guillod ist klar: Schweizer Gefängnisse sind zu luxuriös. «Das schreckt einen Kriminellen nicht ab. Zudem lernt er im Knast neue Gauner kennen», sagt der Architekt. «Ich habe mehrmals erlebt, wie ein neuer Coup geplant wurde.»
Nach seinem ersten Aufenthalt im Gefängnis verbringt Guillod noch weitere vier Tage hinter den schwedischen Gardinen von La Croisée. Wegen diverser kleinerer Verkehrsbussen, die er nicht bezahlen wollte. «Ich habe mich darauf gefreut!», sagt er und gerät gleich wieder ins Schwärmen: «All die Erfahrungen mit den Häftlingen möchte ich nicht missen. Die meisten sind richtig gute Kerle.»
Bern – Wer eine Busse nicht bezahlen kann, muss die Strafe im Gefängnis absitzen. Was für arme Leute gedacht ist, wird immer öfter von Normalverdienern genutzt. 2012 sassen 3200 Personen ihre Bussen im Knast ab. 1000 mehr als vier Jahre zuvor. Das belastet die Steuerzahler: Ein Tag im Gefängnis von La Croisée beispielsweise kostet 168.90 Franken. Auch überfüllen Knastis, die keine sein sollten, die Anstalten. Gegen den Platzmangel in Gefängnissen plant der Bund eine Revision des Strafgesetzes. Elektronische Fussfesseln für Bussenumwandler sollen Abhilfe schaffen.
Bern – Wer eine Busse nicht bezahlen kann, muss die Strafe im Gefängnis absitzen. Was für arme Leute gedacht ist, wird immer öfter von Normalverdienern genutzt. 2012 sassen 3200 Personen ihre Bussen im Knast ab. 1000 mehr als vier Jahre zuvor. Das belastet die Steuerzahler: Ein Tag im Gefängnis von La Croisée beispielsweise kostet 168.90 Franken. Auch überfüllen Knastis, die keine sein sollten, die Anstalten. Gegen den Platzmangel in Gefängnissen plant der Bund eine Revision des Strafgesetzes. Elektronische Fussfesseln für Bussenumwandler sollen Abhilfe schaffen.