Nach aussen lammfromm, nach innen radikal
Wie Islamisten die Behörden austricksen

Das Beispiel der Moschee in Embrach ZH lehrt: Manche Muslime geben sich nach aussen angepasst. Und werben doch für den Heiligen Krieg.
Publiziert: 18.01.2015 um 00:21 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 02:53 Uhr
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Predigt im Islamischen Kulturverein Embrach: Selman Ramadani.
Foto: ZVG
Von Deborah Lacourrége und Katia Murmann

Bei den Anschlägen von Paris zeigte sich, wie gefährlich einheimische Islamisten sein können. Umso wichtiger wird es für staatliche Sicherheitsbehörden, Stätten der Radikalisierung genau zu beobachten – und, wenn nötig, einzugreifen.

Doch Islamisten mit Schweizer Pass führen die Behörden an der Nase herum. In Embrach ZH gilt das Islamische Kulturzentrum als Treffpunkt radikaler Salafisten (SonntagsBlick berichtete). Mehrere Teenager aus Winterthur sollen sich in Embrach radikalisiert haben, zwei davon sogar nach Syrien gegangen sein und sich dort der Terror-Truppe Islamischer Staat (IS) angeschlossen haben.

Nach aussen distanzierte sich der Islamische Kulturverein Em­brach wortreich vom Terror im Namen des Islam. Die beiden Teenager seien mit Moscheeverbot belegt worden, als ihre radikale Gesinnung auffiel. Fakt aber ist: Noch immer predigt Selman Ramadani (27) als Imam in Embrach. Er gilt als Shootingstar in der Salafistenszene, hat Verbindungen zu den radikalen Islamisten der «Lies»-Bewegung, die in deutschen und Schweizer Städten kostenlos Korane verteilen.

Nach den Berichten über Ramadani und die Moschee liessen die Islamisten zahlreiche Internet-Seiten löschen, aus denen ihre Verbindungen zu radikalen Gruppen ersichtlich waren. Seither tritt Ramadani wesentlich gemässigter auf, die Moschee änderte sogar ihren Namen: aus «El Furkan» (arab.: der Gegensatz) wurde der «Islamische Kulturverein».

Die Positiv-PR zeigt Wirkung. Embrachs Gemeindepräsident Erhard Büchi (FDP, 63) äusserte sich gelassen. Man beobachte die Entwicklung. «Wir stehen in gutem Kontakt mit dem Verein.»

Andere Politiker geben sich damit nicht zufrieden. Kantonsrat Hans Egli (EDU, 49) wird morgen eine Anfrage einreichen. Er will vom Regierungsrat wissen, ob die Moschee in Embrach die öffent­liche Sicherheit gefährdet. Er ist sicher: «Die Verantwortlichen unterschätzen die Gefahr. Die Behörden sind blauäugig und naiv.» Das zeige auch der Fall der Terrorzelle, die in Schaffhausen aufflog – nachdem ein ausländischer Geheimdienst die Schweiz gewarnt hatte. Die Iraker sollen im Namen des IS einen Anschlag in Deutschland geplant haben. Das berichtete der «Tages-Anzeiger» gestern.

Gegenüber den Ermittlern freilich streiten die drei Iraker alles ab. Sie hätten keine Sympathien für den IS, im Gegenteil. Die Organi­sation habe Familienmitglieder von ihnen getötet.

Saïda Keller-Messahli (57) vom Forum für einen fortschrittlichen Islam beobachtet die Schweizer Salafistenszene seit Jahren. «Die Islamisten täuschen uns», sagt sie. Nach aussen werde in diesen Kreisen die Schweizer Rechtsordnung hochgehalten – aber nach innen radikalisiert. Das mache es für den Staat schwer, Radikale zu verfolgen.

«Die Behörden in der Schweiz sind zu gutgläubig», sagt Keller-Messahli. Das werde sich rächen. «Die, die sich so winden, sind die Gefährlichsten.»

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