Bordell-König über das Verhältnis zwischen Milieu und Polizei
«Mit der Zeit verwischen die Grenzen»

Der Deutsche Ingo Heidbrink (48) besitzt hierzulande acht Etablissements, darunter das Globe in Schwerzenbach ZH. Es ist der grösste Sexclub der Schweiz.
Publiziert: 17.11.2013 um 11:03 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 18:58 Uhr
Von Roman Neumann

Herr Heidbrink, können Sie uns einen typischen Beamten der Sittenpolizei beschreiben?
Ingo Heidbrink: Einmal quer durch die Bevölkerung, Leute wie Sie und ich. Der eine trinkt gern viel, der andere isst gern viel. Eigentlich ganz normale Menschen – aber ich erlebe die Beamten von der Sitte vor allem als unfreie Menschen. 

Polizisten sind unfrei?
Sie stehen unter ständiger Selbstkontrolle, wägen ihr Tun genauestens ab. 24 Stunden am Tag sind die gefangen in ihren Normen. Was darf ich mir als Polizist erlauben, was nicht? Ständig haben sie ihren Beruf im Hinterkopf, auch in der Freizeit. Die kommen nie aus ihrem Beruf raus, können höchstens in den eigenen vier Wänden mal runterfahren. Dabei haben sie dieselben Bedürfnisse wie wir alle. Ich glaube, ein solches Korsett kann ganz schön bedrückend sein.

Erwarten wir von unseren Polizisten nicht, dass sie die Gesetze einhalten?
Natürlich, die Polizei als solche muss in einem Rechtsstaat glaubwürdig sein. Und wir haben ständig die Erwartung, dass die Beamten perfekt sein müssen. Aber sie sind Menschen, keine Roboter.

Und darum menschelt es auch in der Sitte?
Es muss! Wenn die Polizisten jeden Tag Zeit mit Prostituierten und Club-Besitzern verbringen, entstehen Beziehungen. Es wäre falsch, wenn es nicht so wäre. In einem Büro, in dem die Leute acht Stunden pro Tag zusammen verbringen, entstehen auch Freundschaften. 

Es wurden Grenzen überschritten.
Ja, aber ich würde es «menschliches Versagen» nennen. Da gibts Leute drunter, die seit Jahren für die Sitte arbeiten – mit der Zeit verwischen da die Grenzen. Für den einen ist dann vielleicht etwas akzeptabel, das er zu Beginn seiner Karriere auch nicht machen würde.

Wir reden hier aber von sexuellen Dienstleistungen, die angenommen wurden.
Es ist aber nicht klar, was genau passiert sein soll. Hat der Polizist eine Dame gezwungen? Oder hat ihm der Chef eine Dame «offeriert»? Da fände ich höchstens schlimm, wenn die Frau danach nicht bezahlt wurde, also gratis arbeiten musste. Sollte der Polizist das gewusst haben, ist dies natürlich nicht akzeptabel.

Aber Sie glauben das nicht?
Ich kann es mir bei diesen Leuten – und ich kenne viele persönlich – nicht vorstellen, dass sie systematisch Grenzen überschritten. Wenn, dann waren es kleine Ausrutscher.

Einzelne sollen Geschenke angenommen haben, um vor Razzien zu warnen.
Wenn das systematisch passiert ist, wäre das doch viel früher aufgefallen. Die wurden ja überwacht. Ich stufe die Leute einfach nicht als kriminell ein. 

Sie glauben an einzelne Gelegenheiten.
Ja. Ich habe das Gefühl, dass unsere Polizei nicht korrupt ist. Ich hätte mich das im Umgang mit denen auch nie gefragt. Aber das liegt auch daran, dass wir ein Grossbetrieb sind.

Warum ist das bei Ihnen anders?
Bei uns kommt die Sitte rein, kontrolliert die Frauen und geht dann wieder. Sie haben keinen Grund zu bleiben. In so kleinen Clubs und einer verzettelten Szene wie zum Beispiel im Bermuda-Dreieck ist das anders. Da bleibt man noch sitzen, schaut zum Nachbarlokal, unterhält sich mit den Frauen.

Wie hat das Milieu auf die Verhaftungen reagiert?
Da wird viel gelästert und geredet. Einige Cabaret-Betreiber freuen sich, dass es «die Schmier mal erwischt hat». Da sind Aggressionen vorhanden. Vielleicht, weil einige Polizisten uns im Gewerbe oft das Gefühl geben, dass sie die Guten sind und wir die Bösen.

Wie nahe stehen Sie den Leuten von der Sitte?
Ich kenne viele persönlich, nicht nur in Zürich, habe von einigen auch die Handynummer.

Das klingt nach wenig Distanz.
Klingt so. Aber die Handynummer brauche ich zum Beispiel nur, um einen Beamten direkt anzurufen und zu sagen: Du, ich habe da ein Problem mit einer Arbeiterin und einem Zuhälter – kannst du dich mal darum kümmern? Das ist viel einfacher, als den ganzen Apparat in Bewegung zu setzen. 

Laden Sie da nie jemanden zum Kaffee ein?
Und über was sollte ich dann mit dem reden? Nein, das will ich gar nicht. 

Haben Sie es persönlich schon mal erlebt, dass die nötige Distanz nicht gegeben war?
Vor zehn Jahren wollte eine Frau von der Sitte mit mir eine Beziehung anfangen. Aber das habe ich nicht gewollt. Es war übrigens nicht im Kanton Zürich.

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