Die ganz in Weiss gewandeten Gestalten im deutschen Ibach sind überzeugt: Bald kommt der Dritte Weltkrieg! Der Ort mit 390 Einwohnern im Südschwarzwald ist Heimstätte des Ordens Fiat Lux («Es werde Licht»). Rund 130 Sektenmitglieder halten Uriella (85) dort die Treue. Sie rüsten sich für die Endzeit: Ibach sei, so Uriella, «der sicherste Ort auf Erden».
Uriella selbst, mit bürgerlichem Namen Erika Bertschinger Eicke und nach eigener Auffassung «Sprachrohr Gottes», hat sich in den letzten Jahren immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.
Ans Bett gefesselt
Seit mehr als sechs Jahren soll sie in ihrem Haus ans Bett gefesselt sein. Aussenstehende dürfen sie nicht sehen. Ihr Ehemann Icordo (Eberhard Bertschinger Eicke, 74) öffnet für SonntagsBlick die sieben Riegel und Schlösser zum Haus. Auch er ist von Kopf bis Fuss in Weiss gekleidet. Um seinen Hals hängt ein schweres Kreuz.
«Uriella ist gelähmt und hat starke Schmerzen. Es wird immer schlimmer, sie kann das Bett nicht mehr verlassen», sagt der Gatte. Uriella sei die «Sühnebraut Christi». Und er versichert: «Im Kopf ist sie immer noch klar.»
Mit Uriella telefoniert
Der letzte Aussenstehende, der mit Uriella sprechen konnte, ist Helmut Kaiser (56). Der Bürgermeister von Ibach telefonierte am 19. Februar mit der «Erleuchteten», einen Tag vor ihrem Geburtstag. «Ich wollte fragen, ob ich vorbeikommen dürfe», sagt er zu SonntagsBlick. «Als das nicht ging, holte Icordo sie ans Telefon.» Er habe ihr zum Geburtstag gratuliert, «sie hat sich bedankt». Auch habe sie Anteil am Dorfleben genommen: «Sie sagte, dass sie regelmässig den ‹Spruch der Woche› in unserem lokalen Mitteilungsblatt lese.»
Obwohl Uriella für ihre Anhänger unsichtbar ist, lebt die Sekte im Geiste ihrer 85-jährigen spirituellen Anführerin weiter. «Uriella wird uns bis zum Ende begleiten», sagt Sektenmitglied Gisela Reime (63). Sie lebt wie viele Mitglieder in einer Wohnung, welche Fiat Lux gehört, nach Rosenwasser und Orangen duftet.
Dutzende Meersäuli spielen unter einem Kreuz aus Gras. Reime: «Ich würde mein Leben für den Orden geben.»
Sie sei schwer krank gewesen, als sie von Fiat Lux erfuhr. «Ich habe in einer Zeitschrift inseriert und gefragt, ob jemand etwas gegen ständige Kieferschmerzen wisse. Da schickte mir eine Frau die Schriften von Fiat Lux», sagt sie. Uriellas Weisheiten habe sie im Schwimmbad gelesen. «Ich habe Rotz und Wasser geheult», sagt Gisela Reime. «Ich wusste endlich: Es gibt ein Leben nach dem Tod.»
Allzeit Endzeit-bereit
Wie alle Mitglieder von Fiat Lux bereitet auch sie sich auf die Endzeit vor, die Uriella prophezeit: «Ich horte Heizöl, Wasserkanister und Damenbinden.»
Nur ein Drittel der Menschheit wird nach Uriellas Überzeugung das Fegefeuer überleben. Ufos werden landen und sie mitnehmen zu einem Mutterraumschiff. Gisela Reime ist parat: «Zum Glück hat es hier hinter dem Haus viel Platz, damit ein Ufo landen kann. Deshalb habe ich die Wohnung überhaupt genommen.»