Mirjam (30) trägt lange Kleidung und ein farbiges Kopftuch. Sie betet fünf Mal am Tag und fastet im Ramadan. Und sie unterrichtet Kindergärtler in Kriens LU. Dort wurde ihr Kopftuch jetzt zum Politikum.
Die SVP Luzern ist empört und fordert eine «sofortige Aufklärung der Umstände», warum eine Lehrperson an einer öffentlichen Schule ein Kopftuch trägt. Auch für den Lehrerverband ist klar, dass die islamische Kopfbedeckung im Klassenzimmer nichts zu suchen hat.
Erstmals äussert sich nun die Kindergärtnerin zur Debatte: «Ich möchte niemanden provozieren oder verärgern mit dem Kopftuch», sagt die Schweizerin, die vor acht Jahren zum Islam konvertierte. Der Glaube sei für sie Privatsache.
Allerdings stehe für sie fest: «Ich habe für mich entschieden, dass ich mein Kopftuch zur Arbeit tragen will.» Der Glaube sei ihr wichtiger – auch wenn dies bedeute, dass sie nicht mehr an einer öffentlichen Schule arbeiten könne. «Dies würde ich sehr bedauern, denn ich unterrichte politisch und konfessionell neutral», sagt Mirjam. «So wie es der Lehrplan vorsieht. Ich missioniere sicher nicht.»
Mirjam arbeitet seit zehn Jahren als Kindergärtnerin. Seit drei Jahren trägt sie dabei das Kopftuch – bisher war sie allerdings in einem privaten Kindergarten tätig. Dort habe sie keine Probleme gehabt. Die Kinder hätten zwar gefragt: Warum hast du das an? «Dann habe ich das Tuch abgenommen und den Kindern mein Haar gezeigt. Sie kicherten und dann war dieses Kleidungsstück kein Thema mehr.»
In der Bundesverfassung steht, dass Schulen politisch und konfessionell neutral sein müssen. Umstritten ist jedoch, ob ein Kopftuch als klar religiöses Symbol gilt. Ein generelles Verbot gibt es nicht, wohl aber ein Bundesgerichtsurteil. 1998 entschieden die Richter, dass eine Genfer Lehrerin im Unterricht kein Kopftuch tragen dürfe. Darauf stützt sich der Präsident des Lehrerverbands, Beat W. Zemp. «Lehrpersonen sind Repräsentanten des Staates. Da hat man eine Neutralitätspflicht bezüglich der Religion», sagte er am Freitagabend in der SRF-Sendung «Arena». «Daher geht es zu weit, wenn Lehrpersonen ein Kopftuch tragen.»
Noch weiter geht Saïda Keller-Messahli, Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam: «Frauen in öffentlichen Positionen vertreten einen säkulären Staat», sagt sie. «Deshalb braucht es an öffentlichen Schulen ein Kopftuch-Verbot – für Lehrerinnen und Schülerinnen. Keller-Messahli fordert von der Politik ein entsprechendes Gesetz für die ganze Schweiz. «Es entlastet Schulleiter und Behörden, wenn es klare Regeln gibt.»
Auch Mirjam würde eine klare Regel begrüssen – allerdings eine, die Kopftücher erlaubt. «Entscheidend ist die Qualität des Unterrichts und nicht, ob ich ein Kopftuch trage.» Diese Frage muss sie in Kriens nicht mehr klären. Die Stellvertretung endet Anfang Juli. Danach wird sie weiter unterrichten – an einem privaten Kindergarten.
*Name geändert
Die Zahl der rassistischen Vorfälle in der Schweiz nimmt zu. Das zeigt der neue Rassismusbericht der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus und der Organisation humanrights.ch. 2012 registrierten die elf Beratungsstellen 196 Fälle von Diskriminierung – so viele wie noch nie. Im Vorjahr waren es noch 156 gewesen. «Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher sein», sagt Laura Zingale von humanrights. Auffällig: Die Diskriminierungen im Bereich Schule und Weiterbildung steigen. Viele Fälle gab es auch bei der Wohnungssuche und in der Arbeitswelt. Auch die Muslimfeindlichkeit nimmt zu. Beim Islamischen Zentralrat beobachten die Verantworlichen eine Zunahme der Meldungen wegen Islamophobie.
Die Zahl der rassistischen Vorfälle in der Schweiz nimmt zu. Das zeigt der neue Rassismusbericht der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus und der Organisation humanrights.ch. 2012 registrierten die elf Beratungsstellen 196 Fälle von Diskriminierung – so viele wie noch nie. Im Vorjahr waren es noch 156 gewesen. «Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher sein», sagt Laura Zingale von humanrights. Auffällig: Die Diskriminierungen im Bereich Schule und Weiterbildung steigen. Viele Fälle gab es auch bei der Wohnungssuche und in der Arbeitswelt. Auch die Muslimfeindlichkeit nimmt zu. Beim Islamischen Zentralrat beobachten die Verantworlichen eine Zunahme der Meldungen wegen Islamophobie.