Eindrückliche Szenen heute an allen Bahnhöfen der Schweiz: Um Punkt 14 Uhr ertönte ein ohrenbetäubendes Pfeifen aus den Lokpfeifen aller Züge – mehrere Sekunden lang. Ausserdem erschienen auf den Anzeigen zweier Züge in Zug die Worte «RIP Jonathan».
Mit der aussergewöhnlichen Aktion haben die Lokführer ihrem verstorbenen Kollegen Jonathan B. gedacht. Die Ehrerbietung mit dem landesweiten Pfiff seien die Eisenbahner ihrem Kollegen schuldig gewesen. «Alle Lokführer, die nicht persönlich an der Beerdigung teilnehmen konnten, haben mit diesem Zeichen den Angehörigen ihre Anteilnahme ausgedrückt», sagte Urs Mächler, Zentralpräsident des Lokomotivpersonalverbandes SEV/LPV.
«Sehr starkes Zeichen
Er selbst habe den Moment im Bahnhof Winterthur erlebt. «Das war ein sehr starkes Zeichen, ich hatte Tränen in den Augen», sagte Mächler. Am Zürcher Hauptbahnhof habe die Halle wegen der Pfiffe gebebt, hätten ihm Kollegen berichtet. Die Passagiere auf den Perrons applaudierten spontan.
«Es ging tief unter die Haut», sagte Christoph Furrer vom Personalverband «transfair» und Mitorganisator der Ehrbietung. «Meine Gedanken waren bei meinem verstorbenen Kollegen.»
Auch die SBB sind gerührt von der grossen Anteilnahme. «Das war eine sehr schöne Geste der Lokführer und sie zeigt, wie gross die Solidarität ist», sagte Mediensprecherin Lea Meyer.
SBB-Chef Meyer an Beerdigung
«Wenn in allen Tälern, Landschaften und Bahnhöfen gleichzeitig die Pfeife ertönt, ist das ein eindrückliches Signal für die Solidarität mit dem Verunglückten», sagte auch VSLF-Präsident Hubert Giger. Wie viele Lokführer an der Aktion teilgenommen haben, ist nicht bekannt. Jedoch waren um 14 Uhr rund 3000 Züge auf dem Schweizer Schienennetz unterwegs.
Zum selben Zeitpunkt begann in Frankreich bei Genf die Beerdigung von Jonathan B. Unter anderem wohnte auch SBB-Chef Andreas Meyer der Beerdigung bei sowie eine grosse Delegation der SBB.
«Verarbeitung ist sehr schwierig»
Die Stimmung unter den Lokführern sei sehr gedrückt. «Die Geschichte geht uns allen sehr nah. Der Verunglückte war noch so jung», sagte Mächler. Das Geschehene zu verarbeiten, sei sehr schwierig. «Die Bilder schiessen mir immer wieder durch den Kopf», sagte Mächler.
Der 24-jährige Franzose, der in Payerne VD wohnte, war erst seit wenigen Monaten Lokführer. Er starb, als am Montagabend in Granges-près-Marnand VD zwei Züge frontal zusammenstiessen. Im Verdacht, den Unfall verursacht zu haben, steht der Lokführer des anderen Zugs. Er sprang vom Zug und überlebte. (woz/SDA)
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