Dutzende mehrheitlich jüngere Leute versammelten sich am Mittwochabend zu einem Umzug von der Schützenmatte in das Berner Länggasse-Quartier. Das war die Antwort auf den Polizei-Grosseinsatz vom Morgen an der Effingerstrasse 29. Dort räumte die Polizei ein besetztes Haus. Auf Facebook wurde darum zum grossen Solidaritäts-Marsch «Demo gegen die Räumung der #Effy29» aufgerufen.
Die Demonstranten wüteten regelrecht auf dem Weg in Richtung Länggasse-Quartier. Unter anderem zertrümmerten sie Fensterscheiben und kippten Container auf die Strasse. Gemäss der Polizei kam es zu massiven Sachschäden. Die Kantonspolizei war mit einem Grossaufgebot vor Ort und liess den Umzug vorerst passieren. Gemäss der «Berner Zeitung» wurden die Polizisten dabei mit Pflastersteinen, Petarden, Eisenstangen und Tischen attackiert.
Die Kantonspolizei antwortete mit Gummischrot. Sie stoppte so den Umzug auf der Höhe Hallerstrasse und drängte die Demonstranten ab.
19 Hausbesetzer geschnappt
Während der siebenstündigen Aktion am Morgen an der Effingerstrasse nahm die Polizei 19 Hausbesetzer für eine Personenkontrolle vorübergehend fest, wie sie bekanntgab. Eine der angehaltenen Personen erlitt eine Handverletzung, und fünf Polizisten mussten sich ärztlich untersuchen lassen. In zwei Fällen besteht Verdacht auf ein Hörtrauma.
Die Einsatzkräfte gingen aufgrund eines Strafantrags vor. Er lautete auf Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung. Zudem galt es laut der Polizei, dem Entscheid eines Zivilgerichtes Achtung zu verschaffen.
Feuerwerkskörper gegen Polizisten
Direkt nach dem Eindringen ins Gebäude wurden die Polizisten mit Feuerwerkskörpern angegriffen, wie die Polizei in der Mitteilung schreibt. Zudem warfen die Besetzer Farbe und andere Gegenstände auf die Beamten und schossen durch die Fenster Feuerwerk ins Freie, wie ein sda-Reporter vor Ort beobachtete.
Die Polizei antwortete mit Gummischrot, der von der Strasse aus auf die Fenster der besetzten Liegenschaft abgeschossen wurde. Es kam deshalb mehrmals zu einem heftigem Knall. Angesichts dieser Szenen sperrte die Polizei die Effingerstrasse, an der das Gebäude liegt, auf einer Strecke von rund hundert Metern ab.
Weder für den motorisierten Individualverkehr noch für den öffentlichen Verkehr war deshalb ein Durchkommen. Schliesslich gelang es der Polizei, in alle ihr zufolge «teilweise massiv verbarrikadierten Räumlichkeiten» einzudringen.
Gebäude gehört dem Bund
Das Gebäude gehört der Eidgenossenschaft, wie das Bundesamt für Bauten und Logistik (BLL) am Mittwoch Medienberichte bestätigte. Es hatte vergangenes Jahr die unteren Geschosse des mehrstöckigen Gebäudes saniert und wollte nun auch die oberen Stockwerke renovieren. Mit den Hausbesetzern habe das BLL das Gespräch gesucht, doch hätten die Besetzer nicht ausziehen wollen.
Die Besetzer wiederum warfen auf einer am Gebäude aufgehängten Fahne ihrerseits dem Bund Gesprächsverweigerung vor. Eine «Anarchistische Gruppe Bern» schrieb auf einem Facebook-Eintrag, rund 50 Menschen seien nach der Polizeiaktion wieder ohne Obdach, während gleichzeitig zahlreiche Wohnungen und Gebäude in Bern leer stünden.
Bis zu vierzig Personen zeigten während der Polizeiaktion auf der Strasse mit Parolen und Schildern ihre Solidarität mit den Besetzern. (nbb/SDA)