In der Schweiz spricht man zwar deutsch, doch unser Hochdeutsch hat seine Eigenheiten. Sogenannte Helvetismen helfen uns, der Sprache eine ganz eigene Prägung zu verleihen. Bei uns heisst der Gehsteig Trottoir, der Torhüter Goalie, das Abendbrot Nachtessen, der Feldsalat Nüsslisalat.
Und ein Bier mit Citro heisst Panache oder Panaché und nicht Radler wie in Deutschland und Österreich. Die Marktstrategen des bündnerischen Calanda Bräu scheint das nicht zu kümmern. Die Brauerei, die der holländischen Firma Heineken gehört, nennt ihr neues Bier mit Zitronengeschmack nicht Panache, sondern Radler.
Panasch mit Citro, Radler mit Zitronensaft
Sehen sich die Churer als Wegbereiter der «Teutonisierung» der Schweiz oder ist es bloss Ahnungslosigkeit? Blick am Abend fragt beim Hauptsitz in Chur nach. Dort legt man grossen Wert auf die Unterscheidung zwischen Panache und Radler. «Es ist nicht das Gleiche. Panache ist mit Citro, Radler mit Zitronensaft», erklärt Heineken-Sprecherin Carmen Wyss.
Ob die Konsumenten diese Unterscheidung machen können, davon scheint Calanda selber nicht ganz überzeugt. Denn in der Medienmitteilung wird der Begriff Radler explizit erklärt.
Demnach ist das Radler eine Erfindung von Franz Xaver Kugler, Inhaber des Münchner Lokals «Kugler-Alm». Er hatte im Jahr 1922 eine grosse Gruppe durstiger Radfahrer (Velofahrer) zu bewirten. Weil er aber nicht genug Bier hatte, mischte er es mit frisch gepresstem Zitronensaft.
Abgesehen davon, dass dies eine Legende ist, hat die Erklärung von Heineken einen kleinen, aber entscheidenden Fehler. Das Radler wird nicht mit Zitronensaft «gestreckt», sondern mit Zitronenlimonade – eben wie beim Panache.
Feldschlösschen machts richtig
Trotzdem: Heineken-Sprecherin Carmen Wyss glaubt nicht, dass ihr Panache mit dem Namen Radler den Trinkern sauer aufstossen wird. «Wir sind überzeugt, dass Calanda Radler grosse Akzeptanz finden wird.»
Neben Calanda hat auch Feldschlösschen ein ähnliches Getränk im Sortiment. Der Biermulti im Besitz der dänischen Carlsberg hält sich im Gegensatz zu Calanda jedoch an die hiesigen sprachlichen Gepflogenheiten. Ihr Mischbier heisst nicht «Feldschlösschen Radler», sondern «Feldschlösschen Panaché».
Herr Hofer, was sagen Sie dazu, dass Calanda ihr Panache Radler nennt?
Das entspricht einem Trend. Durch die zunehmende wirtschaftliche Verflechtung sind uns heutzutage auch deutsche Marken und Begriffe bekannt. Ein weiteres Beispiel ist Shorley, ein Markenname, der sich auf das deutsche Wort Apfelschorle bezieht.
Gehen uns die Helvetismen verloren?
Es ist normal, dass sich die Sprache wandelt. Momentan halten vor allem englische Begriffe aus der IT-Branche Einzug. Diese werden im gesamten deutschsprachigen Raum gleich verwendet. Nicht ohne Ausnahmen: Das Mobiltelefon hiess bei uns lange Natel und nicht Handy. Mittlerweile wird Handy aber nicht mehr als Deutsch empfunden. Aber wir werden weiterhin in die Ferien gehen und nicht in den Urlaub fahren und dort Pistache-Glace essen, keinesfalls Pistazien-Eis.
Welche Wörter haben die kleinste Überlebenschance?
Grundsätzlich gilt, je näher sich deutsche und Schweizer Wörter sind, desto eher werden sie ersetzt. Zum Beispiel parken statt parkieren, grillen statt grillieren. Viele Leute merken den Unterschied gar nicht mehr.
Welches Deutsch wird an den Schulen vermittelt?
Dort legt man sehr grossen Wert darauf, dass lokale Varianten zugelassen werden. In den letzten Jahren wurden die Lehrmittel dahingehend angepasst.
Lorenz Hofer (46) ist Sprachwissenschaftler an der Uni Basel
(sas)
Herr Hofer, was sagen Sie dazu, dass Calanda ihr Panache Radler nennt?
Das entspricht einem Trend. Durch die zunehmende wirtschaftliche Verflechtung sind uns heutzutage auch deutsche Marken und Begriffe bekannt. Ein weiteres Beispiel ist Shorley, ein Markenname, der sich auf das deutsche Wort Apfelschorle bezieht.
Gehen uns die Helvetismen verloren?
Es ist normal, dass sich die Sprache wandelt. Momentan halten vor allem englische Begriffe aus der IT-Branche Einzug. Diese werden im gesamten deutschsprachigen Raum gleich verwendet. Nicht ohne Ausnahmen: Das Mobiltelefon hiess bei uns lange Natel und nicht Handy. Mittlerweile wird Handy aber nicht mehr als Deutsch empfunden. Aber wir werden weiterhin in die Ferien gehen und nicht in den Urlaub fahren und dort Pistache-Glace essen, keinesfalls Pistazien-Eis.
Welche Wörter haben die kleinste Überlebenschance?
Grundsätzlich gilt, je näher sich deutsche und Schweizer Wörter sind, desto eher werden sie ersetzt. Zum Beispiel parken statt parkieren, grillen statt grillieren. Viele Leute merken den Unterschied gar nicht mehr.
Welches Deutsch wird an den Schulen vermittelt?
Dort legt man sehr grossen Wert darauf, dass lokale Varianten zugelassen werden. In den letzten Jahren wurden die Lehrmittel dahingehend angepasst.
Lorenz Hofer (46) ist Sprachwissenschaftler an der Uni Basel
(sas)