Eritreer-Streik im Val Müstair
«Hier ist es schlimm, ganz schlimm»

14 Asylbewerber - mehrheitlich junge Eritreer - wehrten sich gegen ihre Unterbringung im Val Müstair. Die Unterkunft sei zu abgelegen.
Publiziert: 02.12.2015 um 11:31 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 18:40 Uhr
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Der Kanton Graubünden ist bei der Unterbringung von Flüchtlingen am Anschlag. Neben den sechs bestehenden Zentren sind dieses Jahr sieben neue eröffnet worden. Eines davon ist die Chasa Muntanella in Valchava im Val Müstair. Jenes Bündner Südtal hinter dem Ofenpass, das weiter unten ins italienische Südtirol übergeht.

Der Betreiber Werner Braun hatte das Ferienlager dem Kanton angeboten. Er hatte sich auf die Ankunft gefreut, sagt er in einem Beitrag des Romanischen Fernsehens RTR. Er hatte das Haus hergerichtet und einen Willkommens-Apéro vorbereitet.

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Die jungen Asylbewerber stehen vor der Chasa Muntalla und weigern sich ihr Quartier zu beziehen.

Doch dann folgte die Enttäuschung. Denn die 14 Asylbewerber, die am Montag im Val Müstair ankamen, hatten überhaupt keine Freude an ihrem neuen Zuhause.

Kein Aldi, kein Denner

Als die mehrheitlich jungen Eritreer vor der Tür des Lagers standen, streikten sie und weigerten sich einzutreten. «Was sollen wir hier», fragte einer laut der «Südostschweiz». «Hier ist es klein, nicht gut», sagte ein anderer. «Hier schlimm, ganz schlimm. Ganz Ärger», sagt einer im TV-Beitrag.

Die jungen Männer störten sich daran, dass sie an einem so abgelegenen Ort wohnen sollen. Es gäbe nicht einmal einen Aldi oder Denner! Andere Läden könnten sie sich nicht leisten. Pro Tag erhalten sie 12 Franken.

«Die werden sich schon einleben»: Werner Braun, Betreiber der Unterkunft.

Die meisten Männer waren in den letzten eineinhalb Jahren in Chur, Davos und Laax untergebracht. Einige mussten in nur einem Jahr vier Mal umziehen. Jetzt sind sie im Val Müstair gelandet. Nach Chur dauert die Zugfahrt rund zweieinhalb Stunden.

«Wollt ihr draussen schlafen?»

Zudem beschwerten sich die Männer, die vorher im Hotel «Rustico» in Laax wohnten, darüber, dass sie nun im Massenschlag schlafen müssen. «Wir sind Männer, wir können nicht so eng beieinanderliegen», sagte einer.

Liebliche Landschaft: Valchava in der Biosfera Val Mustair.

Doch der Protest nützte nichts. Werner Braun rief einen Mann aus dem Erstaufnahmezentrum in Chur an, der die Männer kennt. Per Lautsprecher sagte dieser: «Wollt ihr draussen schlafen oder im Haus? Wenn ihr im Haus schlafen möchtet, packt euer Zeug und geht rein.»

Das Machtwort wirkte. Widerwillig bezogen die Männer ihr Quartier.

Kanton schickt die falschen Leute

«Ich bin enttäuscht», sagt Gemeindepräsident Arno Lamprecht zur «Südostschweiz». Er habe dankbare, hilfsbedürftige Menschen erwartet, Familien vielleicht. Diese jungen Männer wollen aber nicht hier sein, sondern in Stadtnähe.

Deshalb kritisiert er auch den Kanton: «Er wäre meiner Meinung in der Pflicht, Menschen in die Peripherie zu schicken, die es einfach schätzen, ein Dach über dem Kopf zu erhalten und in Frieden leben zu können.»

Auch Werner Braun findet es problematisch, dass die Männer vorher eher feudal im Hotel in Laax GR lebten und nun zu siebt in einem Massenschlag. «Der Standard muss immer von unten nach oben gehen, nicht umgekehrt, sonst funktioniert das nicht», sagt Braun zur «Südostschweiz».

Gemeindepräsident Lamprecht befürchtet nun, dass die Akzeptanz im Dorf nach diesem verunglückten Start rasch abnehmen wird.

Optimistischer ist Braun: «Die werden sich schon einleben. Es gibt genug zu tun.» (sas)

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