Lehrer schlagen Alarm. In Schweizer Schulen demütigen Buben, vor allem solche mit Migrationshintergrund, ihre Mitschülerinnen. Sie decken sie mit Schimpfwörtern wie Fotze, Schlampe, Nutte zu und begrabschen sie. Den Balkan-Machos fehle es an Respekt gegenüber dem anderen Geschlecht, sagen Lehrer (Blick.ch berichtete).
Wie gross ist das Problem wirklich und was kann man dagegen tun? Blick.ch sprach mit Thomas Richter. Er ist Leiter des Instituts für Gewaltprävention SIG und beriet schon hunderte Schulen zum Thema – sowohl in der Prävention als auch in der Krisenintervention.
Herr Richter, Lehrer beklagen sich über das Frauenbild von jungen Migranten in der Schule. Diese Balkan-Machos würden die Mädchen respektlos behandeln. Haben Sie auch solche Erfahrungen gemacht?
Mir kommen da zuerst die Tausenden von Migrantenjungs in den Sinn, die sich gegenüber Mädchen und Frauen ausgesprochen respektvoll verhalten. Dass Frauen in diesen Kulturen etwas weniger respektiert werden, stimmt sicher in der Tendenz.
Das ist allgemein bei Kindern aus weniger gut situierten Familien der Fall und diese haben in der Schweiz öfter Migrationshintergrund. Doch auch bei Schweizer Familien aus bildungsfernen Schichten herrscht öfter eine Macho-Kultur.
Es gibt Schulen, die fast ausschliesslich Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund unterrichten und eine sehr respektvolle Kultur haben. Auf der anderen Seite gibt es Schulen, wo ein erschreckender Umgang herrscht.
Was kann die Schule tun?
Die Schule hat einen grossen Einfluss. Die Lehrer müssen einander unterstützen und gegen aussen stark auftreten. Sie müssen eine gemeinsame Haltung haben und diese konsequent durchziehen. In der Klasse ist eine ausgewogene Mischung von Autorität und Menschlichkeit gefragt. Das Klassenklima hat einen grossen Einfluss auf die Kultur. Wenn sich Schüler in einer Klasse angenommen und respektiert fühlen, geht automatisch auch die verbale Gewalt zurück.
Welche Rolle spielt das Elternhaus? Was sagen Sie zum Vorwurf, dass die Schüler mit Migrationshintergrund die alten Rollenbilder in die Schule mitnehmen?
In der Schweiz gibt es die Gleichberechtigung auch noch nicht so lange. Zudem können Kinder sehr gut in verschiedenen Welten zurechtkommen. Sie können durchaus unterscheiden, dass Zuhause andere Regeln gelten als in der Schule. Auf die Eltern direkt Einfluss zu zu nehmen, ist nicht immer möglich. Primäres Ziel ist, dass sie akzeptieren, dass Kultur und Regeln in der Schule anders sind als bei ihnen zu Hause.
Was sagen sie zu den primitiven Schimpfwörtern, mit denen die Jungs die Mädchen eindecken?
Audrücke wie Fotze, Schlampe und «Fick dini Mueter» gelten unter den Schülern heutzutage bereits als harmlos. Die Wörter werden immer härter und auch unter den Mädchen gebraucht. Diese Entwicklung geht aber mit jener der sexualisierten Gesellschaft einher. In der Pubertät müssen die Jugendlichen einfach immer noch einen draufsetzen. Dazu kreieren sie immer neue Begriffe, um das Umfeld zu schockieren. (sas)