Es ist das bisher schlimmste Bergdrama dieser Saison. Selbst die Walliser Kantonspolizei spricht von einem «schrecklichen Bergunfall»: Gleich fünf Personen stürzen gestern gegen 13 Uhr am Lagginhorn ob Saas Grund in den Tod. Bei den Opfern handelt es sich um Deutsche Staatsangehörige: Die 14-jährige Tochter und der 20-jährige Sohn des überlebenden Mannes, ein 44-jähriger Mann und sein Sohn (17) sowie ein 21-jähriger Kollege der Kinder.
Die Gruppe aus der Region Berlin verbringt die Nacht auf Dienstag in der Weissmieshütte auf 2726 Metern. Am frühen Morgen gegen 5 Uhr bricht sie über die Westflanke zum Gipfel auf. Sie sind zu sechst. Bis kurz unter dem Gipfel. Einer muss aufgeben. Laut Polizei «wegen Unwohlseins». Das rettet ihm das Leben.
Die anderen fünf stehen kurz nach Mittag auf dem Gipfel, 4010 Meter über dem Meer. Beim Abstieg passiert es. Der Zurückgebliebene muss mit eigenen Augen zusehen, wie seine Freunde und Angehörigen in den Tod stürzen. «Er rief mich ganz aufgeregt an, erzählte, was passiert ist», sagt Weissmies-Hüttenwart Norbert Burgener. «Ich wählte sofort die 144.» Der Notruf geht um 12.55 Uhr ein.
Sie stürzten 400 Meter tief
«Sie waren auf der Normalroute. Etwa 100 Meter unter dem Gipfel stürzten sie ab», sagt Bergführer Rolf Trachsel, der als Rettungschef ausrückte. «Sie stürzten rund 400 Meter in Richtung Fletschhorn ab. Diese Stelle ist sehr, sehr steil.» Ein Heli der Air Zermatt fliegt die Leichen noch gestern Nachmittag ins Tal. Die Familienangehörige der Opfer reisen ins Wallis.
Laut Retter Rolf Trachsel war der Schnee gestern sehr weich. «Es hat reingeregnet, und gegen Mittag zogen Quellwolken auf.» Die Walliser Polizei geht derzeit von zwei Hypothesen aus, wie Sprecher Renato Kalbermatten zur Nachrichtenagentur sda sagte. Entweder sei der Schnee so glatt gewesen, dass einer der Alpinisten ausgerutscht sei und die anderen mitgerissen habe - oder der Untergrund habe nachgegeben.
Die Deutschen nahmen den Gipfel ohne einen einheimischen Bergführer in Angriff. Das Lagginhorn gilt als vergleichsweise einfacher Viertausender. Doch in den letzten Jahren forderte der Berg immer wieder Tote. Am 20.August 2011 stürzte ein Deutscher (43) in den Tod. Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren ein weiterer Deutscher (28). Und vor drei Jahren zwei Italiener (46 und 62). (maw/dar/sas/SDA)