Fall Sonko
Bundesstrafgericht: Fluchtgefahr bei gambischen Ex-Innenminister

Das Bundesstrafgerichts nimmt dem in der Schweiz inhaftierten ehemaligen gambischen Innenminister nicht ab, dass er nichts gewusst habe von Folterungen durch die Polizei während seiner Amtszeit. Dies geht aus einem Entscheid der Beschwerdekammer hervor.
Publiziert: 10.05.2017 um 12:13 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 03:15 Uhr
Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts hat eine Beschwerde von Ousman Sonko gegen seine Untersuchungshaft abgewiesen. (KEYSTONE/Tatiana Scolari)
Foto: KEYSTONE/TI-PRESS/TATIANA SCOLARI

Mit dem erst am Mittwoch publizierten Beschluss vom 24. Februar hat das Bundesstrafgericht eine Beschwerde von Ousman Sonko gegen die am 28. Januar angeordnete Untersuchungshaft abgewiesen.

Wie aus dem Entscheid hervor geht, bestreitet Sonko, je Zeuge von Folterhandlungen gewesen zu sein. In seiner Zeit als Innenminister von 2006 bis September 2016 seien ihm auch nie Folterungen durch die Polizei oder in Gefängnissen gemeldet worden.

Zudem habe er in seiner Funktion nur die politische und administrative Verantwortung über die Ordnungskräfte und Gefängnisse gehabt, nicht jedoch die operative.

Wie dem Entscheid weiter zu entnehmen ist, will Sonko von «allfälligen Straftaten» gehört haben, die man der «National Intelligence Agency» (NIA) vorwerfe. Diese und die ebenfalls für Folterungen verantwortlich gemachten «Junglers» hätten aber direkt dem ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh unterstanden.

Weil er gegenüber Jammeh einen Befehl verweigert habe, sei er im September 2016 geflüchtet. Er habe um seine Sicherheit gefürchtet.

Die ursprünglich bis fast Ende April befristete Untersuchungshaft ist unterdessen ein Mal verlängert worden. Ob Sonko auch gegen die Verlängerung Beschwerde eingelegt hat, wollte der Anwalt des Beschuldigten gegenüber der sda nicht sagen.

Im aktuell publizierten Entscheid geht die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts von Fluchtgefahr aus. Die Ehefrau des Beschuldigten und die sechs gemeinsamen Kinder lebten alle im Ausland. In der Schweiz verfüge Sonko hingegen über kein Beziehungsnetz, schreibt das Gericht.

Es geht davon aus, dass er als ehemaliges Regierungsmitglied über ein erhebliches Netzwerk und Vermögen verfüge, worauf er zur Organisation und Finanzierung der Flucht zurückgreifen könnte.

Auch schliesst das Bundesstrafgericht nicht aus, dass Sonko bei einer Freilassung auf Zeugen Einfluss oder Druck ausüben könnte. Seine Entlassung könne zudem dazu führen, dass mutmassliche Opfer aus Furcht keine Zeugenaussage machen würden.

Ousman Sonko wurde am 28. Januar aufgrund einer Strafanzeige der Nichtregierungsorganisation Trial International in Lyss BE festgenommen. Er lebte dort als Asylsuchender in einer normalen Asylunterkunft des Kantons Bern

Sonko werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Die Strafanzeige von Trial wurde umfangreich dokumentiert, wie aus dem Beschluss der Beschwerdekammer hervor geht. Besondere Beachtung verdienten gemäss Bundesstrafgericht zwei unabhängige Berichte von UNO-Sonderberichterstattern.

Bevor Sonko Innenminister wurde, war er Polizeichef. Davor soll er im Jahr 2003 Kommandant der Präsidentengarde gewesen sein. (Beschluss BH. 2017.1 vom 24.02.2017)

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