Expertin warnt
«Kunstschnee kann krank machen!»

Schweizer Skigebiete setzen beim Kunstschnee ein umstrittenes Produkt ein.
Publiziert: 13.12.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:48 Uhr
In der Schweiz wird Snomax vor allem bei älteren Schneekanonen eingesetzt.
Foto: Keystone
Von Cyrill Pinto

Knapp 50 Prozent der Schweizer Pisten werden künstlich beschneit. Viele Skigebiete verwenden dabei ein umstrittenes Mittel: Snomax heisst das weisse Wunderpulver, das Wasser schneller gefrieren lässt und den Schnee schon bei minus drei Grad pulvrig weich macht.

Der Haken: Das in den USA hergestellte Produkt wird aus abgetöteten Bakterien erzeugt. Die langfristigen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt sind weitgehend unerforscht. In Bayern (D) und Österreich ist der Einsatz deshalb verboten, in Frankreich galt bis vor kurzem ein Moratorium.

Die Hydrologin Carmen de Jong (47) von der französischen Universität Strassburg hat sich intensiv mit Snomax befasst. Sie warnt: «Unterschiedliche Studien haben gezeigt, dass sich Snomax sehr negativ auf die menschliche ­Gesundheit auswirken kann.» Die Bakterienreste im Kunstschnee können lebenden Krankheitserregern als Nährboden dienen. Das Pistenpersonal sollte deshalb nur beschränkte Zeit mit dem Pulver in Kontakt kommen und Schutzkleidung tragen, empfiehlt de Jong.

Snowmax lässt das Wasser schneller gefrieren und macht den Schnee schon bei minus drei Grad pulvrig weich. Doch hat es auch negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt?
Foto: Keystone

Auch für über 400 Pflanzenarten ist Snomax nach Aussage der Expertin gefährlich: «Ein Cocktail von Enzymen verursacht die Auflösung von Zellen.»

In der Schweiz ist Snomax seit 1997 zugelassen. Das Bundesamt für Umwelt stützte sich damals vor allem auf Angaben des Herstellers: «Er hat den Schweizer Behörden zugesichert, dass Snomax keinerlei lebensfähige Bakterien enthält», hiess es. Und: «Es ist mit keinen negativen Folgen für die Umwelt zu rechnen.»

Seitdem hat der Bakterienschnee Hochkonjunktur. Nach Angaben von Snomax investierten Zermatt VS, Davos GR, Arosa GR, Laax GR, Lenzerheide GR, Wildhaus SG oder Crans-Montana VS viel Geld in Anlagen, die das Pulver automatisch ins Wasser mischen.

Mario Burgener (51) ist technischer Leiter der Bergbahnen Giw ob Visperterminen VS. Das kleine Skigebiet wird derzeit fast ununterbrochen beschneit. Eine Kiste Snomax für 1800 Franken hat Burgener für diese Saison bestellt. «Für mehr haben wir gar kein Geld», sagt er.

Doch nicht alle Skigebiete geben gern zu, dass sie Bakterienschnee produzieren. In Zermatt verwende man Snomax nur «punktuell», wie der CEO der Bergbahnen, Markus Hasler (56), sagt. Andere Gebiete streiten den Einsatz pauschal ab. So beschneien Arosa, Laax wie auch Lenzerheide nur noch mit Wasser, wie es auf Anfrage von SonntagsBlick heisst.

Hansueli Rhyner (58)vom Schweizer Schnee- und Lawinenforschungsinstitut SLF in Davos: «Eigentlich braucht es mit den modernen Anlagen das Mittel nicht mehr.»

Die heutigen Schneekanonen lieferten auch ohne das teure Snomax guten Kunstschnee – und das erst noch ohne Gesundheitsrisiko für Mensch und Umwelt.

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