Zerfressene Lungen, schwarze Zahnstümpfe, faulende Raucherbeine: Die EU verpasst den Zigi-Päckli ein Gruselgewand. Seit gestern Freitag müssen alle Zigaretten- und Tabakschachteln in der EU zu zwei Dritteln mit Warnhinweisen und Schockbildern bedruckt sein – sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite. So sieht es die neue EU-Tabakrichtlinie vor.
Frankreich und Grossbritannien gehen sogar noch einen Schritt weiter: Im Kampf gegen das Rauchen setzen die beiden Länder auf das sogenannte «Plain Packaging» – einheitliche, neutrale Zigarettenpackungen ohne Markenlogo.
Und die Schweiz? Hierzulande hat die neue Regelung keine Konsequenzen. Auf Anfrage von BLICK sagt das Bundesamt für Gesundheit: «Der Bundesrat erachtet die Massnahme der neutralen Packung zwar als präventiv wirksam. Trotzdem hat er sie aus Gründen der Güterabwägung nicht als Massnahme im neuen Tabakproduktegesetz vorgeschlagen.»
Einknicken vor der Tabaklobby
Das neue Tabakproduktegesetz soll vom Ständerat in der zweiten Sessionswoche beraten werden. Der Bundesrat möchte Tabakwerbung im Kino und auf Plakaten verbieten, denn heute gilt ein solches Verbot in der Schweiz erst in Radio und Fernsehen.
Die vorberatende Kommission des Ständerates lehnte den Vorschlag jedoch ab und beantragte dem Rat, das Gesetz zurückzuweisen. Die Vorlage des Bundesrates gehe viel zu weit, denn es sei nicht erwiesen, dass generelle Werbeverbote einen Rückgang des Rauchens bewirkten, so die Begründung der Kommission.
«Das ist Unsinn», sagt Bruno Meili, Präsident der Tabakprävention Schweiz. «Es ist eine generelle Erkenntnis, dass Werbeverbote und abschreckende Bilder vor allem bei Jugendlichen zu weniger Tabakkonsum führen. ‹Plain Packaging› ist in der Schweiz kein Thema wegen eines Kompromisses des Bundesrates mit der Tabaklobby. Nicht, weil es wirkungslos ist. Dabei wäre es längst fällig.»
«Stehen im internationalen Vergleich schlecht da»
Im Bereich Abschreckung tue die Schweiz ohnehin viel zu wenig. «Wir stehen im internationalen Vergleich schlecht da was die Werbeverbote und die Raucherquote bei Jugendlichen betrifft. Punkto Werbung herrschen nur in Bulgarien und Andorra ähnliche Zustände wie bei uns», so Meili. Um die hohe Anzahl Raucher in der Schweiz zu senken, bräuchte es eine ganze Reihe von Massnahmen. Noch wirkungsvoller als Werbeverbote und Schockbilder wären Preiserhöhungen – diese lägen aber in der Hand der Industrie. «In Grossbritannien kostet ein Päckchen 11 Euro, im Vergleich dazu ist Rauchen in der Schweiz geradezu billig.»
Ansonsten müsse Tabakwerbung zumindest dort unterbunden werden, wo sie Kinder und Jugendliche direkt betrifft. Promotionen an Verkaufsstellen, etwa an Kassen, sollten ebenfalls unterbunden werden.
Das häufig eingeworfene Argument der Eigenverantwortung lässt Meili im Fall von Jugendlichen nicht gelten. «Wir sind dafür, dass Jugendliche frei entscheiden können, ob sie rauchen wollen oder nicht. Dies können sie jedoch nur, wenn sie von der Tabakindustrie nicht massiv beeinflusst werden.»