Dummer Behördenfehler reisst bei Jolanda Affolter alte Wunden auf
Kirchensteuer für ein totes Baby

Jolanda Affolter ist auch nach 21 Jahren noch nicht gänzlich über den Tod ihres Babys hinweg gekommen. Ausgerechnet ein Steuerbrief der Kirche hat die Wunden wieder aufgerissen.
Publiziert: 18.12.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:05 Uhr
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Die Rechnung der Kirche trifft Mutter Jolanda Affolter mitten ins Herz. Das Bild von Sandro bewahrt sie in ihrem Album auf.
Foto: Peter Mosimann
Von Marlene Kovacs

Sandro wurde nur drei Tage alt. Er kam mit einem schweren Herzfehler zur Welt und schloss am 11. November 1993 für immer seine Äuglein. Ein Schock für die Eltern.

Die Mutter, Jolanda Affolter (47), ist gebürtige Luzernerin und wohnt heute in der Solothurner Gemeinde Tscheppach. Am 8. November dieses Jahres wäre Sandro 21 Jahre alt geworden.

Den Tod ihres Kindes hat Affolter bis heute nicht überwunden. Die Zeit um seinen Geburtstag ist jedes Jahr schwer. In diesem Jahr ist es besonders schlimm. Schuld ist ein Brief der römisch-katholischen Kirchgemeinde Bucheggberg SO. Sie schickte dem toten Sandro die Steuerrechnung 2013!

Jolanda Affolter bekam das Schreiben am 1. Dezember. Es riss die alte Wunde brutal auf: «Ich habe einen Sohn verloren. Und ausgerechnet die Kirche erinnert mich schmerzlich daran!» Sie fragt, wie es passieren kann, dass sie ausgerechnet jetzt einen solchen Brief bekommt.

Gipfel der Geschmacklosigkeit ist der geforderte Betrag: null Franken. «Sandro wurde von einem katholischen Pfarrer notgetauft», sagt die Mutter verstört. «Auch das Begräbnis hielt ein Pfarrer. Trotzdem weiss die Kirche bis heute nichts von seinem Tod?»

Wiederholter Fehler

Es ist nicht das erste Mal, dass sie ein Schreiben für ihr ­totes Baby bekommt. «Vor ein paar Monaten schickte mir ein Psychiater die Aufforderung, Sandro zu einem Untersuch zu bringen», sagt sie. Der Arzt erklärte, es handle sich um einen Systemfehler.

Jolanda Affolter arbeitet als Vertreterin einer Schuhfirma und hat vier Kinder. Doch unter Sandros Tod leidet sie bis heute. «Es war die schlimmste Zeit meines Lebens. Ich wusste nicht, wie ich diesen Schicksalsschlag jemals verkraften sollte.» Die Schwangerschaft war normal verlaufen. Doch nach der Geburt sahen die Ärzte, dass eine Herzkammer des Babys viel zu klein war. Der Herzspezialist des Kinderspitals Luzern überbrachte die schreckliche Botschaft. «Er sagte, es habe nur wenige Tage zu leben. Für mich und meinen Ex-Mann brach eine Welt zusammen.»

Drei Tage nach seiner Geburt hielt sie Sandro auf der ­Intensivstation zum letzten Mal im Arm. «Wenige Sekunden danach starb er.» Heute wünscht sich Affolter nur, dass ihr Sohn in Frieden ruhen darf.

Die betreffende Kirchgemeinde bedauert den Vorfall. «Die Rechnung wurde aufgrund der Staatssteuerveran­lagung des Kantons Solothurn gemacht», erklärt Verwalter Walter Ingold. «Es ist ein Systemfehler, die Rechnung war für den Bruder von Sandro bestimmt und wurde auf den falschen Vornamen ausgestellt.» Ingold verspricht: «Das wird nicht mehr passieren.»

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