Die Milliarden kassieren die Amis
Aargauer erfand Wundermittel

Sein Bauchgefühl hat Hans-Peter Strebel reich gemacht. Trotzdem musste er seine Firma verkaufen.
Publiziert: 02.04.2013 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 09:28 Uhr
Patienten fallen ihm um den Hals: Hans-Peter Strebel.
Foto: Ueli Strebel
Von Philipp Albrecht

Kurz vor Ostern kommt die frohe Botschaft. Die USA gibt grünes Licht für die Zulassung der bisher wirksamsten Pille gegen Multiple Sklerose (MS). Sie heisst Tecfidera und wird vom US-Biotech-Unternehmen Biogen produziert. Den Wirkstoff hat ein Apotheker aus Muri (AG) entdeckt. Heute ist Hans-Peter Strebel (64) Multimillionär.

Möglich machte das ein Molekül, auf das er vor 30 Jahren zufällig stösst: Dimethyl­fumarat. Er findet es in der Mixtur eines Heilpraktikers, der einen Patienten von Schuppenflechten befreien will. Der Patient bringt das Pulver in Strebels Klosterapotheke und bittet ihn, das Mittel zu verbessern. Es helfe zwar, doch die Nebenwirkungen drehten ihm den Magen um.

Der Apotheker lässt es von drei ETH-Studienkollegen analysieren und zersetzen, bis nur noch das genannte Molekül übrig bleibt. Strebels Bauchgefühl treibt die vier zu weiteren Forschungen an. Das Resultat ist so vielversprechend, dass sie 1983 sogar die eigene Firma Fumapharm gründen.

Es dauert elf Jahre, bis sie schliesslich das Medikament Fumaderm vor sich haben. Kein Mittel wirkt besser gegen den Juckreiz bei Schuppenflechte. 1994 wird es in Deutschland zugelassen. Gleichzeitig entdeckt Strebel, dass das Molekül auch gegen die Symptome der zerstörerischen und bislang unheilbaren Nervenkrankheit MS wirkt.

Erfolg mache auch bescheiden

Die neuen Einnahmen ermöglichen weitere Untersuchungen. Die Deutschen stürzen sich auf den Schuppenflechten-Bekämpfer. Der «NZZ» verrät Strebel, dass ihn befreite Patienten anrufen, um sich zu bedanken. Oder sie fallen ihm an Informationsver­anstaltungen um den Hals.

Dennoch reicht das Geld für weitere MS-Tests längst nicht. 2003 beginnt sich Biogen für die Arbeit der Schweizer zu ­interessieren. Schweren Herzens verkaufen diese im Jahr 2006 schliesslich ihre Firma für 220 Millionen Dollar.

Strebel wird auf einen Schlag steinreich. Er verkauft auch noch seine zwei Apotheken in Muri und wird mit 57 Jahren Privatier. «Dieser Erfolg ist wunderbar», lässt er die Zeitung «Sonntag» wissen, «aber er macht auch bescheiden.» Schliesslich habe viel Glück mitgespielt.

Er treibt täglich Sport und spielt Saxophon. 2010 unterstützt Strebel den Eishockeyklub EV Zug und lässt sich zum Vizepräsident wählen. Daneben fördert er junge Firmen und unterstützt die Forschung. Über den Rotary Club Freiamt und das Kleintheater Cabarena in Muri bleibt er seinen Wurzeln treu, obwohl er nun in ­Luzern direkt am Vierwaldstättersee wohnt. Die Öffentlichkeit meidet er, Interviews gibt er nur selten.

Auch sieben Jahre nach dem Verkauf nimmt der Geldfluss nicht ab. Die US-Marktzulassung spült weitere 15 Millionen in die Kassen von Strebel und seiner Kollegen. Zudem sind sie am künftigen Umsatz beteiligt. Laut Analysten soll Tecfidera im Jahr 2017 3,3 Milliarden Dollar Umsatz machen.

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