Noch am letzten Samstag war Glencore-Gründer Marc Rich in Zug Gast beim ersten gemeinsamen Tennismatch von Steffi Graf und ihrem Gatten Andre Agassi. «Marc Richs Tod kam für alle überraschend», sagt sein Sprecher Christian König. Rich sei nicht krank gewesen. Ein Hirnschlag riss ihn gestern aus dem Leben. Mit 78 Jahren starb er im Spital Luzern.
Rich war bis zuletzt aktiv, sein Ende hatte er aber seit langem vor Augen. «Viel Zeit bleibt mir nicht mehr», sagte er an Weihnachten 2009 im SonntagsBlick. Seine letzten Jahre verbrachte er mit «Dingen, die mir gefallen, Skifahren, Schwimmen und Musik».
Auch die bildende Kunst gehörte zu den Leidenschaften, die Rich bis zuletzt pflegte. Vor kurzem besuchte er die Art Basel. Fotos zeigen, wie er die Prospekte studiert. Im Rollstuhl zwar, aber hellwach. «Anders als andere Geschäftsleute war Marc Rich nie nur aufs Geldmachen fixiert», sagt der Basler Filmproduzent Arthur Cohn. «Er hatte immer Zeit, vor allem wenn es um Kunst oder eines seiner Kinder ging.»
Cohn arbeitete in den 90er-Jahren mit Richs Tochter Gabrielle († 27) zusammen. «Sie war bildhübsch und brillant. Rich liebte sie über alles», sagt Cohn. 1996 spielte Gabrielle in Cohns Film «White Lies». Kurz darauf erkrankte sie an Leukämie und starb. «Das war die grösste Tragödie seines Lebens», so Cohn.
Die grösste, aber nicht die einzige. Rich wurde 1934 als Marcell David Reich in Antwerpen geboren. Seine Familie flüchtete vor den Nazis in die USA. Marcell wurde Marc, wuchs mausarm in New York auf. Mit 20 stieg er ins Rohstoffgeschäft ein, mit 40 war er der grösste Erdölhändler der Welt.
Rich geschäftete mit allen, auch mit dem Feind. Er versorgte das südafrikanische Apartheid-Regime mit Öl, verschaffte Castros Kuba Devisen, kaufte trotz Embargo iranisches Öl. Das wurde der US-Justiz zu bunt. 1983 verklagte sie ihn wegen Betrugs, Steuerhinterziehung und Ölpreismanipulation. Die angedrohten Haftstrafen betrugen 325 Jahre.
Rich verschanzte sich im Kanton Zug. Bürgerliche Politiker lagen ihm zu Füssen und nahmen Einsitz in seinen Firmen. Rich dankte es, indem er die Schweiz auf die Weltkarte des Rohstoffhandels brachte.
Seine letzte Ruhe wird er in Israel finden. Gestern Nachmittag wurde sein Leichnam nach Tel Aviv geflogen. Gemäss dem jüdischen Glauben muss das Begräbnis innerhalb von 24 Stunden nach dem Tod stattfinden. Bestattet wird Rich neben seiner Gabrielle. Das war sein innigster Wunsch.