Die Polizei tappte bisher im Dunkeln: Die Psychiaterin Ana Maria M.* (†56) wurde am 15. Dezember 2010 in ihrer Praxis im Zürcher Seefeld erstochen. Ein Massen-DNA-Test an 300 Männern ergab keinen Treffer.
2015 schlug derselbe Täter wieder zu: Er tötete das Rentner-Ehepaar Georges S.* (†74) und Gerda K.* (†64) in seinem Haus in Laupen BE. Ebenfalls am 15. Dezember.
An beiden Tatorten konnten die Ermittler die gleiche DNA-Spur sicherstellen (BLICK berichtete). Die Spur ist aber kalt: Das Profil des Täters ist in keiner Verbrecher-Datenbank gespeichert.
Schweiz untersagt genauere Aussagen
Die Ermittler wissen nur, dass der Täter ein Mann ist. Mehr als das Geschlecht darf heute in der Schweiz nicht aus einer DNA-Spur herausgelesen werden (siehe unten).
Möglich wäre viel mehr – schon jetzt. «Aus einer Spur kann man die Haar- und Augenfarbe eines Täters herauslesen. Bald kommt auch die Möglichkeit hinzu, die Hautfarbe zu bestimmen», sagt Cordula Haas (49) vom Institut für Rechtsmedizin an der Universität Zürich. «Auch das Alter des Täters wird man schon bald auf einige Jahre genau herauslesen können.»
Auch Hinweise, von welchem Kontinent der Täter stammt, werden möglich sein. «Andere phänotypische Eigenschaften sind schwieriger vorherzusagen», so Molekularbiologin Haas. «Etwa die Körpergrösse. Hunderte bis Tausende Gene tragen dazu bei. Viel einfacher ist es, wenn ein Täter rote Haare hat. Es gibt nur ein Gen, das das bestimmt.»
99,9 Prozent des Erbguts sind bei allen Menschen gleich. Winzige Genarten machen die Unterschiede, sie entscheiden etwa über die Augenfarbe oder die Breite des Gesichts.
Niederlande profitieren von neuen Analysemethoden
Die Niederlande sind der Schweiz voraus: Seit 2003 dürfen dort aus DNA-Spuren auch die geografische Abstammung und äusserlich sichtbare Körpermerkmale abgeklärt werden. Der deutsche Molekulargenetiker Manfred Kayser (48) entwickelt an der Erasmus-Universität in Rotterdam Analysemethoden, die bei der Aufklärung von Morden und Vergewaltigungen helfen. Dank seiner Forschung wurden in den Niederlanden bereits Kriminalfälle gelöst.
Die Forscher denken aber noch weiter. «Das Ziel wäre, dass man aus der DNA-Spur ein Phantombild erstellen kann», sagt Haas. «Davon sind wir aber noch weit entfernt.» Mehrere Gene, die etwa für die Nasenform und den Augenabstand wichtig sind, wurden bereits lokalisiert.
In der Schweiz warten die Forscher sehnsüchtig darauf, dass sie aus einer DNA-Spur mehr herauslesen dürfen. Haas: «Ich möchte, dass Verbrechen in der Schweiz aufgeklärt werden. Eine Lockerung des DNA-Gesetzes würde helfen, den Täterkreis einzuschränken.»