Simone S.(50), die Schweizerin im Drogenknast von Venezuela
«Das Kokain gehörte nicht mir»

Simone S. sitzt seit zwei Jahren in Venezuela im Gefängnis. Die Schaffhauserin wird beschuldigt, Kokain geschmuggelt zu haben. «In meinem Koffer war nichts», beteuert sie.
Publiziert: 27.03.2013 um 19:24 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 19:30 Uhr
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Die Hotelfachangestellte Simone S. kommt aus Schaffhausen.
Foto: Michele Lima
Von Lea Gnos, Michael Spillmann

Reis mit Huhn. Oder Huhn mit Reis. Für Simone S.* (50) aus Schaffhausen gibt es seit mehr als zwei Jahren nichts anderes zu essen. Die Hotelfachangestellte sitzt in einem venezolanischen Gefängnis. Am Flughafen in Caracas fand die Polizei in ihrem Koffer zwei Kilo Kokain (BLICK berichtete).

«Ich bin unschuldig», sagt Simone S. am Telefon. «Das Ko­kain gehörte nicht mir.»

Es passiert am 24. Dezember 2010. «Ich war drei Monate in Kolumbien, wollte mit einer Schweizer Kollegin über Venezuela nach Zürich zurückreisen», sagt Simone S.

«Ich sass schon im Flugzeug, als plötzlich Beamte der Guardia Nacional neben mir standen. Sie befahlen mir auszusteigen und brachten mich in ein Verhörzimmer.»

«Schnaps» von einem Freund?

Dort sitzt bereits ihre Reisekumpanin (61). Laut Gerichtsakten finden die Beamten im Koffer von Simone S. Flüssigkokain. Auch die Kollegin hat zwei Flaschen mit Drogen im Koffer. Sie sagt den Ermittlern, ein Freund habe ihr den «Schnaps» mitgegeben – als Geschenk. Simone S. schweigt zu den Vorwürfen.

«Die Drogen gehörten der ­anderen Schweizerin. In meinem Koffer war nichts», erzählt sie. Ihre Stimme wird laut: «Wir mussten etwas unterschreiben, dann sperrten sie uns ohne Wasser fünf Tage in einen kleinen Raum, der aussah wie ein Käfig. Mein Gepäck, zwei Koffer, ein Rucksack und eine Tasche wurden geklaut.»

Die zwei Frauen kommen in U-Haft. «Sie schmissen uns in den Knast, ohne Decke und Matratze. Die Schweizer Botschaft kam kurz vorbei, brachte uns eine Zahnbürste und umgerechnet zehn Franken.»

Anfang Dezember 2011 wird Simone S. zu 20 Jahren, ihre Kollegin zu 15 Jahren verurteilt. «Die Gerichtsverhandlung war eine Farce. Mir wurde ein Zeuge vorgeführt, den ich nie zuvor gesehen hatte.»

Sie will in die Freiheit

Die Schaffhauserin zieht das Urteil weiter – das Appellationsgericht reduziert die Strafe auf 15 Jahre. Doch Simone S. «will endlich in die Freiheit».

Die sonst zackige Stimme der selbstbewussten Frau stockt, wenn sie über die Haftbedingungen spricht.

«Ich drehe hier noch durch. Es hat sechs WCs für 300 Frauen. Auf Matratzen hocken wir auf engstem Raum aufeinander. Überall hat es Kakerlaken, im Essen findet man Insektenbeine, es ist ungeniessbar.»

Immer wieder kommt es in venezolanischen Gefängnissen zu tödlichen Aufständen unter den Gefangenen. «Ich werde hier oft ausgegrenzt, weil ich Ausländerin bin», sagt Simone S.

«Es gibt keine sinnvolle Beschäftigung. Weder Zeitung noch Fernsehen. Das Niveau ist sehr tief. Fast alle Frauen sind Analphabetinnen.»

*Name bekannt

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