Die Temperaturen sanken letzte Nacht vielerorts unter den Gefrierpunkt. Das gefährdet unter anderem die Wein-Ernte. Um Schäden an den Trieben der Rebstöcke zu verhindern, begaben sich in der Bündner Herrschaft nach Mitternacht zahlreiche Winzer und Helfer in die Weinberge und entzünden Frostkerzen – sie können die Temperaturen in Bodennähe um bis zu drei Grad erwärmen.
Die Kerzen verliehen dem Gebiet zwischen Fläsch und Maienfeld einen geradezu mystischen Anblick. Dies zeigen etwa die Bilder, die der Winzer Martin Donatsch von seinem Weingut auf Facebook veröffentlicht hat.
Alle Frostkerzen vergriffen
Donatsch ist die ganze Nacht auf den Beinen gewesen, hat auf seine Reben aufgepasst und laufend die Temperatur gemessen. «Unter null Grad wird es für die Pflanzen kritisch», sagt der Winzer zu BLICK. Er ist zuversichtlich, dass die Aktion ein Erfolg war. «Mit Sicherheit sagen können wir es aber erst, wenn wir uns die Pflanzen am Nachmittag anschauen.» Jetzt müsse erst einmal schlafen.
Aufgrund der prekären Lage sind die Frostkerzen fast überall vergriffen. Eigentlich braucht es für ein Hektar 200 Kerzen – Donatsch hat aber nur noch 30 ergattern können. Diese hat er dann für einen besonders gefährdeten Abschnitt seines Guts eingesetzt.
Die Knappheit führt dazu, dass die Kerzen, die rund 10 Stunden brennen, momentan noch teurer sind als normalerweise – ein Stück kostet 18 Franken. Ein Hektar eine Nacht lang zu schützen kostet somit rund 5000 Franken.
Als sich abzeichnete, dass die Temperaturen deutlich unter Null sinken würden, waren die Frostkerzen bereits Mangelware. «Zwei bis drei Schlaue haben alles leergekauft», so der Präsident der Bündner Weinbauern, Georg Fromm.
Heli-Einsatz abgeblasen
Die Winzer in Graubünden standen sogar kurz davor, die Reben mit Hilfe von Helikoptern warm zu halten. Bei der Methode, die etwa in Neuseeland zum Einsatz kommt, wird warme Luft mit den Rotorblättern nach unten gedrückt. Am Mittwoch hatte das Bundesamt für Zivilluftfahrt eine entsprechende Bewilligung erteilt.
Die Winzer entschieden sich dann im letzten Moment doch dagegen. «Ein Heli-Einsatz hätte nichts gebracht, da die Luft in der Höhe nicht warm genug war», sagt Martin Donatsch.
Doch die Lage ist dramatisch: Durch den Frost droht bis zu 80 Prozent der Ernte auszufallen. Nachdem es zuvor in der arktischen Luft noch Schneeflocken bis in tiefe Lagen gab, war es vielerorts sternenklar und windstill – somit konnten die Temperaturen auf frostige Werte sinken, berichtet MeteoNews.
Im Mittelland und in den Alpentälern sank das Quecksilber – gemessen in zwei Metern Höhe – an vielen Orten auf -3 bis 0 Grad, lokal etwas tiefer. Die Bodentemperatur in fünf Zentimetern Höhe lag teilweise deutlich tiefer. Am kältesten war es im solothurnischen Welschenrohr mit -5.7 Grad.
Nicht nur die Winzer, auch Obstbauern im ganzen Land befürchten Ernteausfälle. Ein Foto von einem BLICK-Leserreporter aus Aesch LU zeigt, wie Obstbäume mit brennenden Eimern aufgewärmt werden sollen.
(Mit Material der SDA)
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