Die Polizei wollte heute Morgen gegen 7.45 Uhr ein Wohnhaus an der Effingerstrasse 29 stürmen. Die Gruppe «O du Fröhliche» hatte dieses im Dezember besetzt.
Doch die Besetzer wehrten sich. Sie warfen Feuerwerkskörper und Farbe aus dem Gebäude auf die Polizisten. Auch Mobiliar flog aus dem Fenster. Die Einsatzkräfte konterten mit Gummischrot. Immer wieder knallte es beim Gebäude. «Die Situation gleicht einem Häuserkampf», berichtete BLICK-Journalist Joël Widmer am Vormittag vor Ort.
Trotz der heftigen Gegenwehr drang die Polizei ins Haus ein und kämpfte sich zu den Hausbesetzern in den obersten Stock hoch, die sich dort verschanzt hatten.
«Im Innern des Hauses waren mehrere Barrikaden angebracht», sagt Polizei-Sprecher Christoph Gnägi zu BLICK.
Kurz vor Mittag war der Spuk vorbei. Die Polizei schnappte sich die Besetzer. «Es war ein schwieriger Einsatz. Die gezielten Angriffe auf die Polizisten waren massiv», sagt Gnägi. Während der rund siebenstündigen Aktion konnte die Polizei 19 Hausbesetzer für eine Personenkontrolle vorübergehend festnehmen.
Die Polizisten mussten aufpassen, dass sie nicht verletzt wurden. «Deshalb brauchte es seine Zeit, bis die Situation unter Kontrolle war.»
Sympathisanten blockierten die Strasse
Auf der Strasse hatten sich bereits zu Beginn des Einsatzes zahlreiche Sympathisanten versammelt. Diese skandierten lauthals Parolen wie «wir hassen die Polizei» und «Liebe für alle» auf Französisch und Deutsch.
Die Aktivisten wurden von der Polizei abgedrängt – sie standen danach etwas abseits und riefen weiter ihre Parolen. Eine kleine Gruppe von etwa 20 Personen blockierte bis am Nachmittag die Strasse und den Verkehr im Bereich der Kreuzung zwischen Effinger- und Belpstrasse. Ein Wasserwerfer wurde aufgeboten, kam aber nicht zum Einsatz.
Die Polizei rief die Sympathisanten über Lautsprecher dazu auf, die Strasse zu räumen. Die Demonstrierenden konnten schliesslich davon überzeugt werden, freiwillig abzuziehen.
Die Effingerstrasse war vorübergehend auf einer Länge von 100 Metern für sämtlichen Verkehr gesperrt. Es bildeten sich lange Autokolonnen.
Das betroffene Haus an der Effingerstrasse ist im Besitz des Bundesamtes für Bauten und Logistik (BBL). Nachdem es während Monaten leer gestanden war, wurde es Anfang Dezember von der Gruppe namens «O du Fröhliche» besetzt. Nach der Räumung sollen nun umgehend Sanierungsarbeiten beginnen.
Die Juso der Stadt Bern solidarisiert sich mit den Besetzern. «Die anhaltende Welle von Besetzungen in der ganzen Stadt Bern ist ein klares Zeichen dafür, dass die Stadt Bern in der Pflicht steht, vermehrt günstigen Wohnraum anzubieten», heisst es in einer Mitteilung. Die Jungpartei fordert die Mehrheitsbündnisse in Gemeinde- und Stadtrat dazu auf, Vorschläge für eine sozialere Wohnungspolitik auszuarbeiten.
Kritik gabs von den Rechten: Die Junge SVP der Stadt Bern sprach am Mittwoch in einer Mitteilung von «Hausbesetzer-Terror». In einem Rechtsstaat hätten sich alle an dieselben Regeln zu halten.