Beat F. ist Ressortleiter im Bereich Arbeitsmarkt des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) – in dieser Funktion soll er seinen Freunden bei der IT-Firma Fritz & Macziol (Schweiz) AG Aufträge zu massiv überhöhten Preisen zugeschanzt haben. So verschleuderte F. mehrere, vielleicht Dutzende Millionen Steuerfranken.
Flugtickets, Hotelübernachtungen und Elektronikgeräte
Im Gegenzug soll der 61-Jährige Geschenke im Wert von Zehntausenden Franken erhalten haben – darunter Flüge, Hotelübernachtungen, VIP-Tickets für WM-Fussballspiele und Elektronikgeräte. Neben Fritz & Macziol hängt mindestens eine weitere IT-Firma mit drin.
Bisher hatte der Skandal im Seco nur Konsequenzen für Beat F., der in einer Berner Agglomerationsgemeinde lebt, seit den 90er-Jahren beim Bund angestellt und Ehrenmitglied eines traditionsreichen Berner Musikvereins ist.
Am Donnerstag wurde F. freigestellt. Am Freitag tauchte er nicht mehr am Arbeitsplatz auf. Für eine Stellungnahme war er nicht erreichbar. Seinen Lohn, laut der Beamten-Lohnklasse und seiner Qualifikation zwischen 146 954 Franken und 200 258 Franken, bekommt er weiterhin.
Bundesanwaltschaft hat Strafuntersuchung eröffnet
Mittlerweile liegt der Fall bei der Bundesanwaltschaft. «Wir haben wegen Korruptionsverdachts eine Strafuntersuchung eröffnet», sagt Jeannette Balmer, Mediensprecherin bei der Bundesanwaltschaft.
Zum Seco-Bestechungssumpf sind noch viele Fragen offen: Wie viele Personen wussten von den Vorfällen? Liessen sich andere Mitarbeiter bestechen? Und wer hatte alles bei Fritz & Macziol die Hand im Spiel?
Einer der Hauptansprechpartner bei Fritz & Macziol – nebst dem alten Direktor – soll Roger E.* (49) gewesen sein. Er und Beat F. führten beispielsweise am 31. August 2010 einen Anlass beim Seco durch – im Rechenzentrum der Arbeitslosenversicherung. Davor und danach gab es viele weitere Treffen der beiden – auch privat.
Man verabschiedete sich jeweils herzlich. Die IT-Firma will sich zu den Vorwürfen im Detail nicht äussern. Gegenüber SonntagsBlick hielt sie lediglich fest: «Fritz & Macziol kooperiert in vollem Umfang mit den Behörden und untersucht diesen Vorgang intern.»
Wurde der CEO von Fritz & Macziol abgeschoben?
Pikant: Roger E., der die Schweizer Niederlassung seit 2007 leitete, verantwortet seit letztem November als CEO eine Geschäftsstelle in Asien. Wurde er abgeschoben? Wusste man bei Fritz & Macziol etwa schon damals, was für ein Sturm bald heraufziehen würde?
Laut «Tages-Anzeiger», der den Fall ins Rollen brachte, soll Beat F. seinen Freunden «systematisch überteuerte Aufträge für Weiterentwicklung, Betrieb und Unterhalt der IT-Systeme im Seco» zugeschanzt haben – in Form von Rahmenverträgen.
Der Vorteil dieser Vergabe unter der Hand: F. musste nichts neu ausschreiben, im Gegenteil. «Rahmenverträge sind gar nicht so dumm, weil ich sonst für jeden Auftrag eine WTO-Ausschreibung machen muss», hielt er selbst einmal schriftlich fest. Eigentlich müssten alle öffentlichen Aufträge jenseits von 230 000 Franken ausgeschrieben werden – nur fortlaufende Geschäfte im Rahmen früherer Aufträge nicht. Der Interpretationsspielraum ist also sehr breit.
60 000 Franken für die Jahreskarte der Berner Young Boys
Für sein Wohlwollen liess sich Beat F. grosszügig beschenken. So standen ihm für die Heimspiele der Berner Young Boys bis zu sechs VIP-Jahreskarten zur Verfügung. Die Rechnungen, knapp 60 000 Franken etwa für die Jahreskarten 2012, gingen an die Fritz & Macziol AG. Offenbar gab es auch Kick-backs. Konkret: Ein Teil der an Fritz & Macziol geflossenen Gelder sollen zurück in die Tasche von Beat F. geflossen sein.
All diese schweren Vorwürfe sind Teil des Korruptionsverfahrens der Bundesanwaltschaft. Für sämtliche genannten Personen und Firmen gilt die Unschuldsvermutung.
Fritz & Macziol macht in der Schweiz laut eigenen Angaben55 Prozent des Umsatzes mit «Städten, Kommunen und Bund.» Ausserdem betreibt sie im Kanton Zug eine Tochterfirma, die IT-Gemeindelösungen anbietet.
Die Stadt Zürich und der Kanton Zug überprüfen inzwischen die Vergaben an die Firma. Allein in Zürich hat sie in den letzten drei Jahren Aufträge für 2,77 Millionen Franken im «freihändigen Verfahren» zugesprochen bekommen – also ohne öffentliche Ausschreibung. Hinzu kamen 2,86 Millionen durch einen Auftrag im öffentlichen Verfahren.
*Namen der Redaktion bekannt