Die grössten Krimis schreibt das echte Leben. So 1982. Am 4. Oktober jenes Jahres titelte Blick: «Karin und Brigitte tot gefunden.» Gemeint waren Brigitte Meier (17) und Karin Gattiker (15), die zuvor neun Wochen lang im Rheintal vermisst worden waren. Gefunden wurden sei bei der Kristallhöhle ob Oberriet. Gemäss dem damaligen Blick waren der oder die Mörder «Bergsteiger. Ortskundig. Bärenstark. Kaltblütig.» Ein Täter wurde nie gefunden.
Seit wenigen Tagen ist diese Geschichte ein Bestseller. Der Berner Oberländer Peter Beutler (72) hat den Fall neu aufgerollt, von Grund auf recherchiert und damit einen literarischen Überraschungserfolg gelandet. In der Vorwoche war «Kristallhöhle» in der Deutschschweiz das bestverkaufte Taschenbuch, derzeit liegt es auf Rang 2 der Liste.
Doch der neueste Berner Top-Autor überrascht mit der Aussage: «Ich will nicht unterhalten.»
Das Vorgehen ist gefährlich
Nein, er will aufklären. Fünf Bücher sind von Beutler in den letzten zweieinhalb Jahren im emons-Verlag erschienen. Sämtliche Geschichten haben einen wahren Hintergrund, sind «true crimes». Beutler verwebt Fakt und Fiktion. Er verwendet Tatsachen, erfindet um sie herum aber Rahmengeschichten und Gespräche. Er schaut, dass niemand identifizierbar ist.
Das Vorgehen ist gefährlich: Fast bei jedem Werk gab es Drohungen von Leuten, die Vergangenes lieber ruhen lassen. Auch bei der «Kristallhöhle». Beutler spricht von «Warnungen». Der Chemiker lebte lange in Luzern, war dort SP-Grossrat, kämpfte gegen Rassismus und Polizeiwillkür: Beutler weiss wie es ist, Feinde zu haben.
Die Drohungen sind ernst zu nehmen, denn die Beteiligten könnten noch leben. Mehr noch. Beutler: «Ich vermute, dass einer der Täter von damals auch etwas mit dem Tod von Ylenia zu tun hatte.» Die Tötung der Fünfjährigen hatte 2007 das Land geschockt. Sie kam aus Appenzell, nur einen Bergzug von Oberriet und der Kristallhöhle entfernt.