Die Stadt Bern soll sich an einem Pilotversuch der Städte mit sogenannten Cannabis-Clubs beteiligen. Das Stadtparlament hat gestern Abend einen Vorstoss der linksgrünen Fraktion GB/JA überwiesen und damit der Stadtregierung den Rücken gestärkt.
Via Motion forderten die Grünen, dass Bern sich zusammen mit anderen Städten an einem Pilotprojekt mit «Cannabis Social Clubs» beteiligt. Die Idee ist, dass innerhalb solcher Clubs der Cannabis-Konsum freigegeben wird.
Auch Bürgerliche fürs Kiffen
Wer konsumieren will, muss zuvor einem Verein beitreten. Das Cannabis würde von staatlich lizenzierten Bauern bezogen.
Es gelte ein Zeichen für die Liberalisierung weicher Drogen und gegen die Kriminalisierung der vielen Cannabis-Konsumenten zu setzen, sagte Motionärin Leena Schmitter (GB). Die Chancen stünden gut, dass der Bund für ein Pilotprojekt im wissenschaftlichen Rahmen eine Ausnahmebewilligung geben könnte. Diese wäre nötig, weil das Betäubungsmittelgesetz den Cannabis-Konsum in der Schweiz verbietet.
Der Vorstoss wurde vom Stadtrat mit 55 zu 11 Stimmen überwiesen. Er stiess auf viel Sympathie - bis in bürgerliche Kreise hinein.
SP, GFL, Grünliberale, die Fraktion BDP/CVP und die Mehrheit der FDP-Fraktion stimmten ihm zu. Mündige Bürger wüssten selber, was gut für sie sei und was nicht, sagte FDP-Sprecher Pascal Rub. Eine drogenfreie Gesellschaft sei eine Illusion, fügte Martin Schneider (BDP) an.
«Die heutige Situation ist scheinheilig»
Bei der Exekutive rennt das Stadtparlament mit dem Vorstoss offene Türen ein. Bereits ist in der Stadtverwaltung eine Arbeitsgruppe am Werk, die ein mögliches Projekt ausarbeitet, dies in Koordination mit den Städten Genf, Zürich und Basel.
Mit dem Pilotversuch will der Gemeinderat prüfen, welche Auswirkungen eine Cannabis-Regulierung auf das Konsumverhalten, auf den Drogenschwarzmarkt und die Sicherheitssituation in der Stadt Bern hat.
Sie erhoffe sich davon neue Erkenntnisse, sagte Gemeinderätin Franziska Teuscher (GB). Ziel müsse sein, die Drogenpolitik einen Schritt weiterzubringen.
«Die heutige Situation ist scheinheilig», sagte Berns Sozialdirektorin. Trotz Verbot konsumierten 300'000 bis 400'000 Personen in der Schweiz regelmässig Cannabis, das sie sich auf dem Schwarzmarkt beschaffen müssten.
Hanf-Läden abgelehnt
Teuscher erinnerte daran, dass die Stadt Bern in der Drogenpolitik immer schon eine Vorreiterrolle eingenommen. In den 1970er-Jahren habe Bern das erste Fixerstübli eingeführt - heute eine akzeptierte Institution.
Gegen die Cannabis-Clubs wandte sich die SVP. Cannabis sei eine gefährliche Droge, sagte Fraktionssprecher Rudolf Friedli. Er kenne Leute, die deswegen invalid geworden seien.
Zudem könne das Berner Stadtparlament nicht das nationale Betäubungsmittelgesetz aushebeln: «Es ist nicht möglich, Cannabis-Clubs auf eine legale Basis zu stellen.» Die EVP mahnte, zu den Cannabis-Clubs brauche es zwingend flankierende Präventionsmassnahmen und Jugendschutz.
Weitergehende Liberalisierungsschritte wollte das Stadtparlament nicht ins Auge fassen. Ein Postulat der Alternativen Linken (AL) wurde mit 47 zu 11 Stimmen abgelehnt. Der Vorstoss hatte unter anderem gefordert, in jedem Stadtquartier einen Laden zu tolerieren, der einheimischen Hanf und halluzinogene Pilze verkauft. (SDA/mad)