Antifa-Demo in der Stadt Bern
Polizei nimmt 110 Personen auf die Wache

Nach den unbewilligten Antifa-Umzügen durch Bern hat die Polizei 110 Personen für Abklärungen auf die Polizeiwache geführt. Darunter waren auch Demonstranten, die sich körperlich der Personenkontrolle widersetzt hatten.
Publiziert: 18.10.2015 um 13:19 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:14 Uhr

Linksautonome Demonstranten haben sich am Samstag in Bern mit der Polizei ein Katz- und Maus-Spiel geliefert. Die Demonstranten waren in kleineren Gruppen unterwegs und liessen die Proteste immer wieder aufflammen.

Die Polizei trat der Kundgebung mit einem Grossaufgebot entgegen und führte über 100 Personen ab.

Bereits vor einer Woche hatte die Polizei einen unbewilligten «Antifaschistischen Abendspaziergang» unterbunden. «Wir kommen wieder», kündigte daraufhin die Revolutionäre Jugend Gruppe Bern an.

Kleine Gruppen, spontane Proteste

Dieses Mal formierten die Demonstranten nicht einen grossen Kundgebungszug, sondern tauchten in grösseren und kleineren Gruppen in der Berner Innenstadt zu spontanen Protesten auf.

Die Polizei war mit einem Grossaufgebot vor Ort. Im Einsatz standen auch Polizeiangehörige anderer Kantone des Nordwestschweizer Polizeikonkordats.

Eine erste Gruppe stoppte die Polizei in der Nähe der Reitschule. Kurz nach 14 Uhr tauchte eine Gruppe von etwa hundert Personen bei der Heiliggeistkirche beim Berner Bahnhof auf.

Mit Transparent, Fahnen und Sprechchören machten sich die Demonstranten auf den Weg Richtung Hirschengraben, um gegen Rassismus, restriktive Asylpolitik und den «dauernden Rechtsrutsch in der Schweiz» zu protestieren.

Weit kam die Gruppe allerdings nicht. Nach knapp 150 Metern hatte die Polizei die Demonstranten vor der Markthalle eingekesselt. Ein knappe halbe Stunde später wurde eine weitere Demonstrantengruppe in der nahen Spitalgasse eingekesselt.

Via Twitter rief die Revolutionäre Jugend Gruppe immer wieder zu neuen Versammlungspunkten auf. Die Polizei setzte verschiedentlich Gummischrot gegen die Demonstranten ein.

Gelassene Berner

Die Bernerinnen und Berner nahmen das Treiben in der Innenstadt erstaunlich gelassen. Die Einkaufsbummler unter den Lauben liessen sich jedenfalls nicht allzu sehr stören und gingen ihres Weges. Nur wenige Meter hinter den Polizeikordons sangen Strassenmusikanten, und in den Warenhäusern war das samstägliche Gedränge gross.

Auf den öffentlichen Verkehr hatte das Geschehen hingegen grössere Auswirkungen. In der Innenstadt war wegen der Polizeikessel auf der Hauptachse vom Bubenbergplatz zum Zytglogge zeitweise kein Durchkommen mehr. Aus Sicherheitsgründen, unter anderem auch wegen der grossen Zahl Schaulustiger, habe der öffentliche Verkehr in diesem Bereich zeitweise unterbrochen werden müssen, teilte die Polizei am Sonntag mit.

Der Kontrolle widersetzt

Die eingekesselten Gruppen wurden den ganzen Nachmittag über festgehalten. Die Polizei habe Personenkontrollen durchgeführt. Jene Demonstranten, welche sich der Kontrolle widersetzt hätten, seien zur Polizeiwache abgeführt worden, sagte die Sprecherin der Berner Kantonspolizei auf Anfrage.

Insgesamt war das bei 110 Personen nötig, wie die Polizei am Sonntag mitteilte. Darunter seien auch bekannte Personen, welche mit dem Zug aus Zürich für die Kundgebung angereist seien. Laut der Mitteilung handelte es sich bei rund einem Dutzend um Jugendliche.

Einige Demonstranten hätten versucht, die Kette der Polizisten zu durchbrechen - dabei habe die Polizei Gummischrot und Pfefferspray eingesetzt. Die Berner Kantonspolizei sprach in diesem Zusammenhang von «gewalttätigen Angriffen» auf ihre Mitarbeitenden. Es sei ein «grosses Gewaltpotenzial» zu spüren gewesen.

Nach letzten Scharmützeln im Berner Länggassquartier begann sich die Lage kurz nach 17 Uhr zu beruhigen. Kurz nach 18 Uhr teilte die Revolutionäre Jugend Gruppe via Twitter mit, die Demonstrationen seien beendet.

«Hohes Risikopotenzial»

Die Berner Stadtregierung hatte die Polizei angewiesen, sowohl den «Antifaschistischen Abendspaziergang» vor einer Woche wie auch die Kundgebung am Samstag zu verhindern. So kurz vor den eidgenössischen Wahlen eine Kundgebung mit hohem Risikopotenzial zu tolerieren, erschien dem Gemeinderat unverantwortlich.

Er verwies auf eine Regelung, wonach vor eidgenössischen Wahlen in Bern nur Platzkundgebungen durchgeführt werden dürfen - und auch nur solche, die nicht auf dem Bundesplatz stattfinden. Die Organisatoren der Kundgebungen sahen sich  in ihrer Meinungsäusserungsfreiheit beschnitten und riefen prompt für Sonntagnachmittag zu einem dritten Kundgebungsversuch auf.

Rund 250 Demonstranten haben sich am frühen Sonntagabend beim Berner Bahnhof zu einer Kundgebung gegen Polizeigewalt versammelt. Die Polizei liess die Demonstranten gewähren, wie ein Berichterstatter der Nachrichtenagentur sda feststellte. Der Kundgebungszug machte sich auf den Weg durch die Spitalgasse auf den Bundesplatz. Die Polizei war sichtbar, hielt sich aber zurück. (bau/mad/SDA)

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