Der Teenager steht an Briefkästen gedrängt, umringt von Mädchen. Jemand filmt. Eine Jugendliche packt den Buben am Hals. Sie beleidigt, bedroht ihn. Dann holt sie aus, gibt ihm eine Ohrfeige, verpasst ihm noch zwei Faustschläge. Er steckt ein – regungslos. Keiner hilft ihm.
Jetzt kursiert das Video des Angriffs in den sozialen Netzwerken und auf Whatsapp. Und gelangte so auch an die Jugendorganisation Pro Juventute. Abteilungsleiterin Simone Brunner mahnt: «Dieses Video kann zu massivem Mobbing gegen alle Beteiligten führen.»
Dabei scheint der Auslöser so banal: Eine Beziehung, die in die Brüche ging. Die Angreiferin wirft dem Opfer vor, ihre Kollegin «verarscht» zu haben. Seinen Kopf schlägt sie dabei gegen die Briefkästen. Der Bub kassiert Demütigungen, das Mädchen bedroht ihn gar mit dem Tod. «Von mir aus erwürge ich dich», sagt sie.
Bub wehrt sich nicht
Zum Schluss macht sie ihm eine Ansage: «Gehst du noch einmal so mit Frauen um, trifft dich diese Faust noch einmal.» Er wehrt sich zu keinem Zeitpunkt. Bittet lediglich darum, das Filmen sein zu lassen. Und versucht, seine Angreiferin mit den Worten «chill mal» zu beruhigen.
Mike Mottl, Leiter des Mannebüros in Zürich erklärt: «Jungs haben oft die Rolle implementiert, dass sie stark und cool sein sollen. Ein Bub, der von einem Mädchen verschlagen wurde, wird möglicherweise viel Scham verspüren und deshalb gar nichts dagegen tun.»
Täterin: «Wir haben es geklärt»
Dabei komme dies gar nicht so selten vor. «Es herrscht oft die Meinung vor, dass nur Jungs gewalttätig reagieren. Dies mag in der Tendenz korrekt sein, aber eben nur in der Tendenz. Es gibt durchaus auch Mädchen, die Macht ausüben und gewalttätig werden können», sagt er.
Problematisch sei, dass Gewalt gegen Männer tabuisiert und bagatellisiert werde. Auch im Video nimmt keiner der Anwesenden die Situation ernst. Keiner stoppt die Angreiferin, keiner hilft dem Opfer. Die Täterin beteuert gegenüber «20 Minuten», das Video sei eineinhalb Jahre alt. «Mittlerweile haben wir es miteinander geklärt», sagt sie zur Gratiszeitung.
Rechtliche Folgen werden nun abgeklärt
Doch dass das Video nun im Netz ist, die Beteiligten erkenntlich, dürfte für beide weitreichende Folgen haben, erklärt Simone Brunner von Pro Juventute.
Die Täterin müsse damit rechnen, dass eine «möglicherweise leichtsinnige Tat» für immer im Netz auffindbar ist. Und auch berufliche Folgen haben könnte, beispielsweise bei der Suche nach einer Lehrstelle oder einem Job.
Ob der Fall noch rechtliche Konsequenzen haben wird, ist noch unklar. Die Jugendstaatsanwaltschaft Baselland hatte bisher keine Kenntnis von dem Fall. Man werde aber Recherchen aufnehmen und gegebenenfalls Ermittlungen einleiten.