Aus dem Skandal-Knast St. Johannsen haut schon wieder ein Häftling ab!
Wie viele noch?

In St. Johannsen ist ein Kommen und Gehen, als wäre es ein Hotel.
Publiziert: 06.03.2013 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:10 Uhr
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Hier ist schon wieder ein Zimmer frei: St. Johannsen in Le Landeron NE.
Foto: Peter Gerber
Von Gabriela Battaglia und Adrian Schulthess

Schon wieder ist einer ­davonspaziert. Schon wieder muss BLICK über einen Verbrecher berichten, der aus dem Berner Massnahmenzentrum St. Johannsen bei Le Landeron NE abgehauen ist.

Beim Bummel in der Bundesstadt hat der Schweizer Häftling die Nase voll. «Ich gehe jetzt», eröffnet er am Montag um 13.15 Uhr seinem Aufpasser, als die beiden ein Berner Geschäft verlassen. Der Betreuer von St. Johannsen will die Flucht stoppen. Bewaffnet ist er einzig mit seiner Überzeugungskraft, hat nicht einmal einen Pfefferspray dabei. Es kommt zu einer «verbalen Auseinandersetzung», so St.-Johannsen-Direktor Manfred Stuber (44). «Der Betreuer versuchte, ihn am Arm zurückzuhalten.» Erfolglos. Der Häftling zottelt in die Freiheit. Wer der Straftäter ist, wollen die Behörden nicht bekannt geben. Geheimsache!

Richter fand keine Worte für die Tat

BLICK aber weiss: Es ist der Berner René G.* (51), der im Frühling 1999 zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Aufgeschoben zugunsten einer Verwahrung. Weil René G. seinen eigenen Sohn Sascha (4 Monate) getötet hatte! Er schmetterte das Büblein mehrmals gegen den Boden. Das Baby starb an schweren Kopfverletzungen. Die Leiche legte René G. in ein Plastikbadewännchen. Dann verschwand er. Saschas Mutter entdeckte ihr totes Kind.

Eine Tat, «für deren Scheusslickeit und Sinnlosigkeit» der Gerichtspräsident keine Worte fand. Gutachter attestierten G. «ein hohes Gefährdungsrisiko für die öffentliche Sicherheit.»

Die Berner Strafvollzugs-Experten sehen das heute anders: Im November verlegen sie G. aus dem Gefängnis nach St. Johannsen. Wo er sich mit Therapien und Ausflügen auf die Freiheit vorbereitet. In St. Johannsen gab es in den letzten Jahren so viele Ausbrüche, wie man sie aus keiner anderen Schweizer Anstalt kennt.

BLICK deckte im Herbst 2009 den Fall Yan H.* (40) auf. Der Kinderschänder schwamm beim Fischen davon, missbrauchte ein Mädchen und kehrte zurück in die Therapie, als wäre nichts gewesen. Die Behörden verschwiegen, dass Serienvergewaltiger René I.* (50) aus St. Johannsen verschwand. Bis heute ist der gefährliche Sextäter auf der Flucht.

«Bewährungsräume öffnen»

Und auch der Pädophile Igor F.* (36) türmte aus dem Skandal-Knast. Inzwischen ist er wieder in Haft.  Die Welle geht weiter. Auch Räuber Halil Y.* (29) gelang im Juni 2012 die Flucht. Wie viele noch müssen aus St. Johannsen abhauen, bis der Kanton Bern endlich handelt?

Direktor Stuber sieht den Fehler nicht in St. Johannsen: «Wir sind im Vollzug die letzte Stufe. Wir müssen den Leuten Bewährungsräume öffnen können.» René G. hat den Freiraum schamlos ausgenutzt. Direktor Stuber: «Es ist eigentlich eine ­Tragödie. Bei gutem Therapie­verlauf wäre er in 2½ Jahren auf Bewährung entlassen worden.»

Bis gestern Abend fehlte von René G. jede Spur.

 * Namen bekannt

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