Glockengebimmel mag Nancy Holten gar nicht. Wegen des Geläuts der Kirchenglocken um 6 Uhr morgens reichte die gebürtige Holländerin, die seit sechs Jahren im Fricktal lebt, erst vergangene Woche eine Lärmklage bei der Gemeinde ein.
Auf Facebook bläst sie jetzt bereits zum nächsten Angriff. Diesmal muss eine Schweizer Tradition dranglauben: Die Kuhglocke. «Kein Mensch läuft freiwillig mit einer Glocke um den Hals herum. Und was man selber nicht will, darf man auch anderen Lebewesen nicht antun», sagt sie in der «Aargauer Zeitung».
Mitgefühl vor Tradition
In der Gruppe «Kuhglocken out», die bis dato rund 170 Mitglieder hat, sucht sie Gleichgesinnte, die mit ihr gegen diese «Tierquälerei» kämpfen. Die Glocke um den Kuhhals sei «eine absolute Zumutung» und eine «Rücksichtslosigkeit des Menschen».
Holten wolle jetzt das Bewusstsein für dieses Unrecht schärfen. Seit acht Jahren ernährt sie sich zusammen mit ihren drei Kindern vegetarisch, seit sieben Jahren «weitgehend vegan». Eine Schweizer Tradition will die Holländerin nicht zerstören, gegen Traditionen habe sie nichts. Aber: «Diese dürfen nicht auf Kosten eines mitfühlenden Lebewesens gelebt werden.»
Kühe per Smartphone orten?
Im September haben Forscher der ETH Zürich herausgefunden, dass viele Kuhglocken bis 113 Dezibel laut sind. Das wirkte sich im Test mit rund 100 Kühen negativ auf das Fress- und Sozialverhalten der Tiere aus.
«Im IT-Zeitalter wäre es ein Leichtes, Glocken mit Chips zu ersetzen. Der Bauer könnte sein Vieh problemlos mit dem Smartphone orten», argumentierte die Doktorandin Julia Johns. Bergbauern bezweifeln allerdings, dass der Empfang im alpinen Gelände stets ausreichend wäre. Und auch das Aufladen der Handys dürfte in den stromlosen Maiensässen schwierig werden. (lex)