Als die Schweizer Brieftaubensportszene kürzlich in Frenkendorf BL die besten Tauben der Saison auszeichnete, fehlte die allerbeste. So sieht es jedenfalls «Superstar»-Besitzer Heinz Baumann (55).
Seit 25 Jahren ist er der Vorsitzende des Brieftaubenzüchter-Vereins Rothrist AG. Jetzt hat der Schweizerische Brieftaubensport-Verband (SBV) ihn und acht weitere Taubenzüchter aus Rothrist und Langenfeld BE rausgeschmissen. Ihre Tauben – lauter erfolgreiche Tiere – dürfen an Wettbewerben nur noch ausser Konkurrenz fliegen.
Eindrucksvolle Karriere
«Vermutlich geht es am Ende um Neid», meint Baumann, der in seinem Garten rund 100 Tauben hält. «Die gönnen mir meine Erfolge nicht. Dabei habe ich mich doch auch immer für die Brieftaube an und für sich eingesetzt!»
Baumann schildert die eindrucksvolle Karriere seiner Taube «Superstar». In den zwölf Meisterschaften im letzten Sommer habe sie die meisten Punkte geholt. «Und an der Brieftaubenausstellung in Dortmund wurde sie unter die 24 besten Europas gewählt!»
Der Streit in der Schweizer Taubenzüchterszene brodelt seit Jahren. In Baumanns Augen der Tiefpunkt der Krise: «Der Verband hat uns der Region Mitte zugeordnet. Wir wurden gezwungen, mit den Luzernern zu konkurrieren. Das ist ein topografischer, wirtschaftlicher und sportlicher Nachteil.»
Kurzerhand traten er und einige Klubkollegen dem Brieftauben-Sportverein Frenkendorf BL bei. Dessen Mitglieder fliegen in einer anderen Region.
Eine Doppelmitgliedschaft, befand der SBV – und akzeptierte die Aufnahme nicht. Sie verstosse gegen die Statuten.
Fall kommt vors Gericht
SBV-Sekretär Ernst Bühler wehrt sich: «Der Verband hat Heinz Baumann am Anfang der letzten Saison klipp und klar mitgeteilt, dass er – aufgrund des Standorts seines Taubenschlags – die Wettkämpfe mit der Region Mitte fliegen muss.» Andernfalls habe es Konsequenzen.
Prompt zog Baumann vors Verbandsschiedsgericht Kleintiere Schweiz, die höchste Instanz für Taubensportler – und erhielt recht: Die Doppelmitgliedschaft sei anzuerkennen.
Doch der SBV wehrt sich gegen die Schlappe und beschliesst, das Urteil «nicht zu akzeptieren». Man sei der Meinung, «dass es Aufgabe eines Verbandsschiedsgerichts ist, zerstrittene Parteien an einen Tisch zu bringen und nicht einfach mit einem unbegründeten Entscheid ohne Rekursmöglichkeit den SBV abzustrafen», schimpft Bühler. Sein Verband schliesst die Züchter aus – und nimmt ihre Tauben damit aus der Jahreswertung. An der 56. Nationalen Brieftaubenausstellung gehen sie leer aus.
«Baumann ist verbissen»
Für den Züchter Baumann ein herber Schlag. «Es geht nicht nur um Ehre und Prestige», betont er. «Auch Geld ist im Spiel. Eine ausgezeichnete Taube bringt auf dem internationalen Markt einen vierstelligen Euro-Betrag.»
Der SBV beharrt darauf, Baumann sei «verbissen». Ihm gehe es weniger um die Tiere als vielmehr «ums Geld und seinen Namen».
Jetzt droht mehreren SBV-Exponenten juristischer Ärger. Der Rothrister Verein hat Strafanzeige gegen sie eingereicht – wegen Urkundenfälschung und unlauterem Wettbewerb. Im Zentrum der Kontroverse steht die Tauben-Datenbank «RiRo». Dort speichert man Stammbäume und Erfolge einzelner Vögel.
«Diese Datenbank ist entscheidend, wenn man eine Taube verkaufen will. Das ist wie bei Rennpferden», erklärt Baumann. Er behauptet, «plötzlich» seien «einzelne Resultate meiner Tauben gelöscht» gewesen. Angeblich auf Geheiss des SBV.
Nun soll die Luzerner Oberstaatsanwaltschaft den Taubenstreit schlichten. «Superstar» darf dann vielleicht bald wieder starten.